Samstag, 25. August 2007

Hl-Konstantin-und-Helena-Kirche in Tegel

Die Hl-Konstantin-und-Helena-Kirche der Russisch-Orthodoxen Kirche
des Moskauer Patriarchats (K.d.ö.R.) und der dazugehörige russisch - orthodoxe Friedhof ist ein Ort, den nicht viele Menschen kennen und schon gar nicht viele besuchen. Und doch ist er einen Besuch wert.
Hier kann man die Geschichte der russischen Exilanten verfolgen, die in den 20er Jahren und dann - in einer zweiten Welle- in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts nach Berlin kamen und hier auch starben.

Der russische Friedhof mit der Kirche liegt heute zwischen einer Autobahn, Burger King drive in, dem Bierparadies und dem Homedecore...also mitten im Gewerbegebiet in Tegel.
Als das Grundstück 1892 von der russischen Gemeinde gekauft wurde, gehörte Tegel noch nicht zu Berlin, sondern lag ruhig und beschaulich vor den Toren der Hauptstadt. Erst mit dem Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin von 1920 gehörte Tegel zu Berlin.
Im Zentrum des Friedhofs wurde eine kleine Kirche mit fünf kleinen blauen Kuppeln errichtet, an dessen Konstruktion der Berliner Architekt Albert Bohm mitarbeitete. Neben dem Friedhof wurde eine zweigeschossiges Haus gebaut, das neben der Wohnung für den Kirchenvorsteher Malzew auch ein russisches Museum beherbergte, in dem Kunst und Gegenstände der in den 20er Jahren in Deutschland lebenden Russen aufbewahrt wurde. Dieses Gebäude fiel jedoch dem 2. Weltkrieg zum Opfer.
Bei einem Spazierang zwischen den Gräbern des einzigen russisch-orthodoxen Friedhofs in Berlin ist auffällig, dass die Verstorbenen der 20er Jahre einem ganz anderen Stand und Milieu entstammten als die Verstorbenen der neueren Zeit. So sind viele Angehörige der europäischen und russischen Aristokratie (wie z.B. die Baronessa v. Osten Sacken, die 1944 starb) auf diesem Friedhof bestattet. Aber auch die Opfer des 2. Weltkrieges, insbesondere Zwangsarbeiter und militärische Angehörige liegen vergessen in ihren überwuchernden und mit einem Holzkreuz gekennzeichneten Gräbern - fern von den Angehörigen in Russland. Für Kriegsopfer gibt es ein zentrales Mahnmal, genauso wie für den berühmten Komponisten Michail Glinka, der am 15. Februar 1857 in Berlin starb, aber in St. Petersburg beerdigt wurde. Sein letzte Ruhestätte hat der Vater von dem Schriftsteller Vladimir Nabokov allerdings hier erhalten.
Besonders auffällig ist, dass gerade die in der jüngeren Zeit begrabenen Russen zum grössten Teil sehr jung starben. Und je jünger sie gestorben sind, desto pompöser ist das Grab. Vermutlich sind das die Kinder der Generation, die aus wirtschaftlichen und politischen Gründen aus Russland wegzogen und nie geistig in Deutschland ankamen.
Für diese jungen Menschen und alle anderen kann man in der Kirche während der Samstag und Sonntag stattfindenden Gottesdienste beten. Die hübsche Kirche ist so klein, dass 20 Besucher den Raum gut füllen.
Auffällig ist auch, dass alle Besucher dem Anschein nach sehr gläubig sind. Alle Frauen tragen Kopftuch und ich bin die einzige, die in Hosen vor dem Batjuschka steht. Die meisten - auch die alten Frauen - bekreuzigen und verbeugen sich so tief, dass sie mit dem Kopf den Boden fast erreichen.
Zwar gehöre ich nicht zu der Gemeinde, aber sicher ist, dass ich diesen geheimnisvollen Ort nicht das letzte Mal besucht habe....

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