Samstag, 31. Mai 2008

David Jones künstlerische Welt der Polymorphismen

Die perfekten Sommerbilder. Gibt es die überhaupt? Die Antwort ist eindeutig ja, wenn man sich die farbenfrohen Bilder von David Jones ansieht, die gestern abend im Rahmen eines openings in der Galerie upstairs berlin den Besuchern vorgestellt wurden.
Der 1980 in London geborene David Jones präsentierte seine "biomorphen Abstraktionen" in seiner zweiten Einzelaustellung The Node: Body of Ciphers in der Berliner Galerie am Checkpoint Charlie.
Seine Bilder entsprechen genau dem Geschmack eines stylischen und modebewussten Publikums, das sich gerne die eine oder andere grosse, leere Wand mit einem grossen Farbtupfer schmücken möchte.
Aber die Bilder sind mehr als einfach nur wunderschöne Dekoration. Sie spiegeln das märchenhafte, mysthisch nicht Fassbare ebenso wie Elemente aus der Biologie, Chemie und Medizin wieder. Mal glaubt man Le Petit Prince von Antoine de Saint-Exupéry zu sehen, mal sieht man Korallen, Äste, Blumen und Tiere. Und dann wieder hat man das Gefühl in Meerestiefen zu tauchen, um einen Schritt später auf einer Blumenwiese stehen oder alles futuristisch aus dem All zu sehen.
Um dann noch eine Minute später festzustellen, dass alle ausgestellten Werke laut Titel Implosive Neuro Polymorphism, also Genvarianten sind. Man schüttelt verwundert den Kopf und ist begeistert. Und dann kommen noch die Materialen dazu, die das Besondere dieser Bilder ausmachen. Mit Lack, Acryl und Tinte wurde diese rätselhaften Formen und Strukturen auf Aluminium gezaubert. Glänzend clean und doch futuristisch entsprechen sie genau dem Lebensgefühl unserer Gesellschaft.
Noch bis zum 26. Juli 2008 sind die Werke der Ausstellung The Node: Body of Ciphers in der Galerie upstairs berlin zu sehen.

David Jones
The Node: Body of Ciphers
upstairs berlin
Zimmerstr. 90/91
10117 Berlin
vom 31.5. - 26.7.2008

Freitag, 30. Mai 2008

Pieroth - Winzer aus Tradition, Weinhändler aus Leidenschaft

Im Mai herrlichstes Sommerwetter in Berlin. Und man wird zu einer Verkostung von Weinen ins Borchardt's eingeladen. Also gleich zwei gute Dinge auf einmal.
Freundlichst wird man von den Gastgebern mit einem Rieslingsekt in Empfang genommen und dann ging es schon nach kurzem smalltalk zum harten businesstalk mit leckeren Borchardt-Degustationsmenue-Häppchen und zahlreichen Weinverkostungsmöglichkeiten in den Keller.
Einer, der schon gross war und nun dem 25 ha grossen Weingut der Familie an der Nahe neues Leben einhauchen will, ist der promovierte Jurist Dr. Johannes Pieroth. Die charmante Fernsehmoderatorin Frauke Ludowig war bisher primär weniger im winebusiness auffällig als im charmanten, aber knallharten talk mit unzähligen Promis. In einem kleinen, aber feinen Podiumsgespräch mit Herrn Dr. Pieroth gab sie jedoch professionell die Stichwörter, die er benötigte, um sein Unternehmen und seine Weine im besten Licht darstellen zu können.
Mit seinen Weißweinen will er in guter, über 300 jähriger Familientradition, Deutschland und der restlichen Welt zeigen, wie gut seine Pieroth-Weine sind. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass die Familie Pieroth nach dem Motto lebt: Winzer aus Tradition, Weinhändler aus Leidenschaft. Kommerz und Handwerk wird da gleich mal zu einer perfekten Symbiose verbunden und unter einen Hut gesteckt.
Einen Vergleich mit der internationalen Konkurrenz scheut das Pieroth-Unternehmen daher selbstbewusst nicht, sondern verkauft Weine befreundeter Winzer trickreich auf seiner Internetseite. Unter dem Stichwort Pieroth Weinentdeckungen werden Weine von Elena Walch aus dem Südtirol, von der Domaine Thomas von der Loire, von Bouchard Père & Fils (Beaune du Château) aus dem Burgund, Castello di Meleto aus der Toskana oder von der Bodegas Ondarre Rivallana aus dem Rioja angeboten.
Die neueste Entdeckung sucht man allerdings bisher vergeblich auf der Internetseite. Das wird sich wohl bald ändern. Denn bei der Auswahl der Weine für dieses exklusive Sortiment fiel auch das Augenmerk auf die Weine von Gérard Depardieu und seinem Partner Bernard Magrez.
Da passte es eigentlich hervorragend, dass Frau Ludowig bei der Weinvorstellung die Moderation führte. Allein Monsieur Depardieu liess sich aufgrund von aktuellen Filmarbeiten entschuldigen. Das war zwar bedauerlich, aber der anwesende attraktive Bernard Magrez präsentierte drei Depardieu-Weine auf eine sehr charmante und zurückhaltende französische Art.
All dieses schmückende Beiwerk darf jedoch nicht vom Wesentlichen dieses come together ablenken: DEN WEINEN von Pieroth und Depardieu/Magrez!
Und nun kommt der etwas zwiespältige Teil der Veranstaltung.
Während die Nahe-Weine (Riesling, Weissburgunder, Grauburgunder, Rivaner und Scheurebe) von Herrn Pieroth typisch deutsch lecker, leicht mit einer angenehmen und gut eingebundenen Säure sehr bodenständig waren, präsentierten sich Magrez / Depardieu Weine -
jedenfalls im Verhältnis zum Preis - nicht im besten Licht. Und das lag nicht am matten Gewölbelicht des Restaurants Borchardt.
Schon der erste eingeschenkte Merlot

La Croix de Peyrolie, 2002
Gérard Depardieu
Lussac Saint-Emilion

duftete in der Nase vielversprechend nach Beeren und Schokolade. Am Gaumen war der Wein aber sehr verwunderlich. Er war zwar rund, im Abgang hatte er gar light buttery und karamellige Noten zu bieten. Aber das täuschte nicht darüber hinweg, dass der Wein für den Preis zu flach war. Es fehlte ihm leider jeglicher Charme, sondern erinnerte sogar teilweise geschmacklich an Taubheitsgefühle. Derartige Assoziationen waren - jedenfalls mir - bisher unbekannt. Pardon, Monsieur Magrez et Monsieur Depardieu!
Aber vielleicht macht das ja gerade den Reiz des Weines aus?!

Auch der

Référence, 2002
Gérard Depardieu
Vin de Pays D'OC
60 % Merlot, 40 % Cabernet Sauvignon

und

Ma Vérité, 2002
Gérard Depardieu
Haut Médoc
40 % Merlot, 50 % Cabernet Sauvignon, 5% Cabernet Franc und 5 % Petit Verdot

überzeugten nicht vollständig. Zwar waren Référence und Ma Vérité definitv gefälliger, harmonischer am Gaumen und liessen nicht die Assoziationen von Taubheit zu. Aber leider werden diese Weine es wohl auf dem deutschen Markt aufgrund des exorbitant hohen Preises schwer haben. Aber vielleicht ist es dem einen oder anderen Wert, einen Wein zu trinken, der nach dem Geschmack von Gérard ist und vielleicht gar im Schweisse seines Angesichts produziert wurde?

Im Vergleich dazu waren die Pieroth-Weine einfach klassisch sauber und schön - sowohl die Qualitätsweine als auch die Prädikatsweine.
Insbesondere der

Weißburgunder 2007
Qualitätswein trocken
Weingut Pieroth, Nahe

fiel trotz bzw. gerade wegen des hohen Alkoholgehaltes von 14 % vol positiv auf.
Zwar stachen sämtliche Pieroth-Weine nicht durch eine starkes Aroma-Bouquet in der Nase hervor, aber am Gaumen waren sie mehr als gefällig und aromatisch.
Beim Weißburgunder fiel die angenehme zitrusartige Säure auf, die jedoch sehr harmonisch war und an Melone erinnerte.
Die

Scheurebe 2007
Qualitätswein feinherb
Weingut Pieroth, Nahe

war ebenfalls in positiver Erinnerung geblieben. Die typische Kräuteraromatik war dezent in die Säure eingebunden, so dass dies sicherlich ein angenehmer Sommerwein wird, der bei geselligen Abenden schlürfend genossen werden kann.
Allein die Riesling Auslesen aus dem Jahr 2007 von der Lage Dorsheimer Pittermännchen, dem Bingerbrücker Römerberg und dem Dorsheimer Goldloch überzeugten nicht in der erwarteten Weise. Es fehlte ihnen am Gaumen die Komplexität seiner Kollegen von der Mosel. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diese Weine - auch wieder im Hinblick auf den Preis - einfach glockenklar, lecker, erfrischend und sommerlich sind.

Fazit ist, dass sich zwei unterschiedliche Weinproduzenten gefunden haben, die verschiedener in den Weinen und der Qualität der Weine mit den dazugehörenden Verkaufspreisen nicht sein können.
Bleibt Herrn Dr. Pieroth zu wünschen, dass seine Weine unter der Vermarktungsstrategie der Depardieu-Weine nicht leiden werden, denn in jedem Fall sind sie schnörkellos eines Applauses wert!

Mittwoch, 28. Mai 2008

Motiv Paris

Wer Paris hört, denkt vermutlich als erstes an den Eiffelturm, Baguettes, die dort eigentlich Parisienne heißen, Croissants, Louvre, den Arc de Triomphe und die Künstler vom Montmartre. Letztere sind zahlreich vorhanden und versuchen, ihre "Kunst" an den Mann oder die Frau zu bringen.
Es gibt in Paris allerdings auch unzählige Künstler, die nicht offensichtlich auf den Strassen selbst- oder nichtselbstgemalte Bildchen verscherbeln. Diese sind in den Ateliers in den Hinterhöfen oder am Stadtrand versteckt und gehören definitiv zu der seriöseren Gattung der Künstler. Am Stadtrand sind für Pariser Verhältnisse die Mieten für die Ateliers wenigstens noch einigermassen erträglich.
Einer dieser französischen Atelierkünstler, der von der Stadt an der Seine so beeindruckt und beeinflusst ist, dass er neben Stilleben meist nur ein Thema hat, nämlich seine Stadt Paris, ist Dominique Desmé. Er ist jemand, der für seine Kunst lebt, ohne nach dem grossen Ruhm zu hetzen und der lieber auf seine Art und Weise in alter Schule seine Bilder malt. Ohne darauf zu achten, dass die zeitgenössische Kunst auf ganz andere Malstile fixiert ist.
Der modernen Welt entzieht sich Dominique Desmé jedoch nicht gänzlich. Auch er hat den blog für sich entdeckt und veröffentlicht regelmässig posts zu seiner Kunst und seinem Arbeiten im Atelier. Über www.creat-on.over-blog.com bleibt man somit bei ihm künstlerisch immer auf dem Laufenden.
Schöne neue und kreative Welt des Bloggens.

Dienstag, 27. Mai 2008

Die Schale der Fontäne

So in etwa kann man wohl L'Ecaille de la Fontaine übersetzen.
Was verbirgt sich hinter diesen charmanten Worten? Das zweite Restaurant von Gérard Depardieu, das wie das La Fontaine Gaillon sich am Place Gaillon in Paris befindet und sich auf zwei Etagen erstreckt.
Und man kann es sich bei diesem Namen fast denken: es ist auf Austern- und Muschelspeisen spezialisiert und bietet dem bereitwilligen Gast in einem in roten Tönen modern gestalteten Restaurant leichte französische Meeresküche.
Anstatt profanem Brot werden dem entweder an der Theke oder an kleinen Tischen sitzenden Gast in hübschen weissen Schälchen Schnecken als Appetithappen serviert. Wunderbare Idee!
Während der Gast noch in den einzelnen Schnecken herumstochert (sie sind wirklich hervorragend und unglaublich lecker!) wird das bestellte Essen vorbereitet.
Zwar werden absolut delikate Austern und andere Muschelspeisen angeboten, aber sich an die Regel haltend, dass man nur in den Monaten, in deren Namen ein R enthalten ist (also September bis April) Austern, etc. essen sollte, wird ein wunderbares Lachstartar serviert. Das hervorragend gewürzte Tartar ist mit der dazugereichten nicht näher zu beschreibenden Quark/Sahne/Creme/Sauce eine göttliche Speise, die gerade zur Mittagszeit vom Magen dankbar aufgenommen wird ohne ihn über Maßen zu strapazieren.
Als Dessert wird ein leichtes Millefeuille aus Erdbeeren wärmstens empfohlen. Das wird allerdings nicht in der Küche des L'Ecaille de la Fontaine gezaubert, sondern wird flinken Fusses kurz mal über den Platz vom La Fontaine Gaillon gebracht. Zusammen mit dem Beereneis ist das Törtchen mit der Puddingfüllung eine zwar leichte, aber nicht minder kalorienhaltige Nahrung, die mit dem grössten Vergnügen bis auf den letzten Löffel genossen wird. So gestärkt kann's dank Monsieur Depardieu in den Pariser Nachmittag gehen!

L'Ecaille de la Fontaine
15, rue Gaillon
75002 Paris

Elmapi and her french chanson electronique music

Frankreich war schon immer für seine aussergewöhnliche und mit sonst nichts in Europa zu vergleichenden Musik bekannt. Und das nicht erst seit dem etwas seltsam anmutenden Auftritt von Sébastien Tellier beim Eurovision Song Contest 2008 in Belgrad.
Sowohl attraktiver als auch um einiges interessanter ist die Musik von der Französin ELMAPI, die korsische Wurzeln hat.
Sowohl auf dem Album Arcane Electronique als auch auf dem Album Pop Up verbindet sie die Elemente des Chansons, der Oper und der elektronischen Musik und fasziniert so mit einem sehr eigenen Stil, der durch durchdringende Rhythmen und Bässe gekennzeichnet ist.
Demnächst ist Elmapi auch in Deutschland zu sehen und zu hören:
30 mai 2008, Hamburg, Golden Pudel Club
31 mai 2008, Köln, STUDIO 672



Montag, 26. Mai 2008

Das Rouge Gorge im Saint-Paul village

Paris ist immer wieder für kleine kulinarische Entdeckungen gut.
Weniger eine neue Entdeckung mehr eine altbewährte, kleine versteckte Institution ist die Weinbar "Le Rouge Gorge". Wie eine kleine provencalische Taverne liegt das kleine Weinrestaurant in der Rue Saint-Paul beim Trendviertel Marais im Village Saint-Paul versteckt. Das Saint-Paul village glänzt durch zahlreiche kleinere Kunstgalerien und Antiquitätengeschäfte, die über die vielen Innenhöfe miteinander verbunden und verteilt sind.
Gegenüber einem Antikhaushaltswaren bzw. Gemischtwarenladen und unzähligen Galerien wird Le Rouge Gorge familiär betrieben und bietet schwerpunktmässig korsische und provencalische Weine an. Das Essen ist dann weniger korsisch, aber sehr herzhaft und lecker.
Auf einer Schiefertafel wird täglich das Menue aktualisiert. Eine Karte gibt es nicht, der Gast wählt sein Essen und den Wein von der Schiefertafel.
Zu einem Fricassé de St. Jacques, boudin noir et granny en compote wurde ein korsischer Wein gebracht.

AOC Corse
Domaine de Musoleu 2007


Zusammen mit dem Muschelfrikassee, der Blutwurst und dem Apfelkompott war der korsische weisse Wein eine angenehme Ergänzung, der den deftigen Geschmack der Blutwurst abmilderte. Er hinterliess zwar keine umwerfende bleibende Erinnerungen, fiel aber auch nicht negativ auf.
Der danach als Dessert gereichte korsische Muscat von der Domaine Cordoliani war dagegen überraschend spannend.

AOC Corse
Domaine Cordoliani
Perla d'Oru 2006

Im Glas glänzte er zwar farblich nur blässlich gelb, in der Nase erinnerte er dann an reife Nektarinen, Äpfel, Birnen und Birkensaft.
Am Gaumen war er süsslich und schmeckte ein wenig nach Lycheesirup ohne jedoch klebrig süss zu sein. Der Abgang war leicht und klar ohne an Intensität zu verlieren.

Ein Abend im Le Rouge Gorge bietet sich unbedingt an, wenn man in beschaulicher und familiärer Atmosphäre einen romantischen Abend mit gescheitem Essen und vernünftigen ungewöhnlichen Weinen verbringen möchte. Anschliessend ist ein Sparziergang durch die engen, einsamen Gassen des Saint-Paul village fast obligatorisch, um den wunderbaren Abend bei Rouge Gorge Revue passieren und ausklingen zu lassen.
Definitiv ein Muss für alle, die in Paris ein kleines familiäres Restaurant suchen, in dem man sich auf Anhieb aufgrund des herzlichen Services äusserst wohl fühlt.

Le Rouge Gorge
Bar à vins
8, rue Saint-Paul
75004 Paris

Sonntag, 25. Mai 2008

Jan Fabre im Pariser Louvre

Der Louvre ist nicht erst seit Dan Browns Bestseller Sakrileg einer der Top-Sehenswürdigkeiten von Paris. Das weltberühmte Museum konnte sich auch schon davor nicht über mangelnden Besucherandrang beklagen.
Und dennoch ruht sich die Museumsleitung nicht auf den Lorbeeren aus, sondern versucht das Museum immer wieder up to date zu halten.
Nicht nur, dass die geheimnisvolle Mona Lisa immer wieder mal in andere Räume verfrachtet wird, auch die Technik der Audioguides wird immer wieder dank grosszügiger, netter Sponsoren auf den neuesten technischen Stand gebracht. So kann man mit dem Touchscreen-Audioguide Informationen zu einzelnen Kunstwerken abrufen, findet relativ schnell heraus, "wo" man sich im Palast verirrt hat oder kann auch vorgegebenen thematisch sortierten Louvrerouten folgen.
Das ist jedoch noch nicht alles. Denn neben den historischen und kostbaren Räumlichkeiten des Palastes zeigt das Museum orientalische, ägyptische, griechische, etruskische und römischen Altertümer, alte Gemälde, Graphiken, Skulpturen und Kunsthandwerk.
Bisher hatte sich der Louvre darauf beschränkt, alte Kunstwerke zu zeigen. Nun öffnet sich das Museum peu à peu auch der zeitgenössischen Kunst und gewinnt damit auch neue Besucher, die mit den alten Meistern oder den griechischen und römischen Statuen nichts am Hut haben.
Mit grossem Geschick, passend und sehr dezent sind die Werke des Belgiers Jan Fabre im Rahmen der Ausstellung L'Ange de la Métamorphose, seit dem 11. April 2008 dem Publikum zugänglich, in die Räumlichkeiten der flämischen, deutschen und holländischen Gemäldeabteilung integriert worden.
Neben dem Metsys Bild "Der Geldwechsler und seine Frau", sind Bilder zum gleichen Thema von Fabre aufgehängt worden. Zwischendurch sind zum Abendmahl, Rubensgemälden oder ähnlichen Kunstwerken aufgebahrte Totenfiguren, ein goldenes Kalb, phosphoriszierende Betten und Särge, Vögelchen oder auch mal Figuren in weissen Kutten, die wohl aus Brotstücken hergestellt worden sind, platziert.
Das wohl beeindruckendste und grösste Kunstwerk Fabres findet man im Rubenssaal. Dort ist neben den riesigen Rubensbildern eine Art Friedhof konzipiert worden, auf dem Grabsteine, z.T. mit Namen von verstorbenen oder noch nicht gestorbenen Personen, kreuz und quer drapiert wurden. Aus diesem Grabsteinwirrwarr heraus kraucht ein überdimensional riesiger, leicht behaarter, hautfarbener Wurm mit einem menschlichen Kopf heraus, der stöhnende Laute von sich gibt. Sehr gruselig.
Das Beeindruckendste an der Ausstellung ist, dass man gerade die alten Meister durch die parallel aufgestellten Fabre-Kunstwerke aus einem ganz neuen und erfrischenden Blickwinkel betrachtet. Frei nach dem Motto: Aus Alt mach' Neu!
Noch bis zum 7.7.2008 kann diese erstaunliche Symbiose und Metamorphose zwischen alter und zeitgenössischer Kunst im Louvre offenen Geistes betrachtet werden.

Musée du Louvre
Jan Fabre
"L'Ange de la Métamorphose"
Bis zum 7. Juli 2008

Samstag, 24. Mai 2008

La Fontaine Gaillon

Mittlerweile ist allseits bekannt, dass Schauspieler sich ihre Brötchen nicht nur mit Theater, Film und Fernsehen verdienen, sondern sich auch als Winzer und Gastronomen verdingen.
Der wohl bekannteste dieser Gattung ist der französische Schauspieler Gérard Depardieu, der sich sowohl als Winzer als auch als Besitzer zweier Restaurants in Paris einen Namen gemacht hat.
Das L'Ecaille de la Fontaine ist die Bistro-Variante des La Fontaine Gaillon. Beide Restaurants liegen - wie könnte es anders sein - am Place Gaillon in der Nähe des Opernhauses.
Das La Fontaine Gaillon liegt wunderbar an einer Ecke und ist von dem Strassenverkehr durch grüne Planzen abgeschottet. Auf diese Art und Weise separiert wird das Lunchen an der sonst stark frequentierten Ecke ein erholsames Ereignis. Obwohl das La Fontaine Gaillon bei der Michelinsternvergabe nicht berücksichtigt wurde, ist sowohl die Qualität des Essens, die Restaurantausstattung, aber leider auch das Preisniveau sterneentsprechend.
Regen Zulauf hat das Restaurant insbesondere zur Mittagszeit, da sämtliche - hauptsächlich männliche - Geschäftsleute sich aus der Umgebung hier versammeln, um in entspannter Atmosphäre weiter Businessgespräche zu führen. Bevorzugt bestellt wird dann das Mittagsmenue, das aus drei Gängen besteht.

Zur Vorspeise bzw. davor kann man einen wunderbaren Kir Vin Blanc Cassis bestellen, der farblich rötlich intensiv das Auge erfreut und den Gaumen erfrischt. Er sticht zwar nicht durch eine umwerfende Aromatik hervor, ist aber mehr als anständig und passt auch unerwarteterweise - und das nicht nur farblich - gut zum bestellten Carpaccio de saumon frais.
Manch einer könnte sich eventuell daran stören, dass der Lachs in Öl nur so schwimmt, aber zusammen mit den darauf gestreuten Salzstückchen schmeckte die Vorspeise lecker. Es ist zwar nichts herausragend besonderes, aber zur Mittagszeit definitiv eine angenehme Speise, die den Körper nicht zu sehr belastet.

Als Hauptgang kam dann ein Joue de Boeuf aux carottes caramélisez. Auf den ersten Blick kamen einem unangenehme Kantinen - Essenserinnerungen à la Gulasch mit Karotten in brauner Sauce hoch. Aber diese Gedanken waren schnell beim herzhaften Zerteilen des Fleisches verflogen. Das Fleisch war unglaublich zart und zerschmolz nahezu auf der Zunge. Die Karotten waren bissfest und trotz des Karamellisierens nicht zu süss. Allein die "braune" Sauce war undefinierbar. Als "Beilage" wurde ein leckerer und zarter Kartoffelbrei separat in einer kleinen Schüssel gereicht. Als passender Wein wurde ein Bordeaux empfohlen.

Bordeaux
Château Coustolle
Fronsac 2002

Der Fronsac besteht aus 70 % Merlot und 30 % Cabernet Franc. Farblich ist der Bordeaux schwarzrot im Glas. In der Nase ist er rauchig mit einem Hauch Vanille, Nelken, reifen Himbeeren und einem sonstigen Divertisment an Blumen. Am Gaumen ist der Fronsac dann sehr tanninreich und vermittelte das Aroma von sauren Johannisbeeren. Auf der Zunge hinterliess er einen pelzigen Belag.
Ohne Essen wäre der Wein etwas zu anstrengend, aber mit dem herzhaften Fleisch fand der Wein seine perfekte Ergänzung, so dass die herben Tannine sich am Gaumen beruhigten und eine harmonische Ehe eingingen.

Als Dessert wurde ein Fondant aux chocolat chaud serviert. Auf den ersten Blick unspektakulär erweist sich das Schokoladendessert beim ersten Happen als göttlich. Kaum hat man die knusprige Kruste des Schokoladentörtchens zerteilt, fliesst die erwärmte Schokolade heraus und verströmt einen herrlichen leichten Schokoladengeruch.
Hierzu passte der kleine schwarze Kaffee exzellent und rundete das üppige Mittagessen mit dazu gereichten kleinen Schweineöhrchen und Macarons aufs Beste ab.

Allein bedauerlich war, dass es nicht die Möglichkeit gab, Depardieus Weine glasweise zu bestellen. Aber vielleicht war das auch besser so, wenn man sich manch' eine Depardieu-Weinverkostung in Erinnerung ruft! So war der Essensgenuss wenigstens ungetrübt.

La Fontaine Gaillon
Place Gaillon
75002 Paris
www.la-fontaine-gaillon.com
open: Mo -Fr.

Freitag, 23. Mai 2008

Glacier Berthillon

Wie fast ganz Nordeuropa profitiert auch Paris momentan von dem warmen Maiwetter. Die Sonne scheint, es ist nicht zu heiss und die ganze Welt strömt zu den Sehenswürdigkeiten und Parks der französischen Hauptstadt.
Auf der wunderschönen Insel Île Saint-Louis ist nach langen Spaziergängen im Trendviertel Marais und St. Paul eine Erholungspause erforderlich. Hierzu bietet sich ein kleines Café mit dem Namen Berthillon idealerweise an. Hier wird traditionsgemäss vom Glacier Eis produziert und verkauft.
Man kann sowohl im Le salon du thé sitzen und sein Eis oder andere Köstlichkeiten g
eniessen oder sich auch im Ausser-Haus-Verkauf seine Kugeln Eis auf die Hand geben und weiter an der Seine schlendern und seine Tüte schlecken. Vor eine schwerwiegende Entscheidung wird allerdings der Kunde gestellt, wenn ihm bewusst wird, wieviele unterschiedliche Eissorten im Angbot sind. Aus mehr als 36 verschiedenen Sorten hat man dann die Qual der Wahl. Am liebsten würde man alle gerne probieren.
Faszinierend war das Zitronenpralineneis und das Karamelleis, das aus salziger Butter hergestellt wird. Der Kontrast zwischen dem Süssen und dem Salzigen war sehr spannend.
So gestärkt kann man die unzähligen wunderbaren und versteckten Ecken von Paris weiter entdecken.

Berthillon
29-31, rue St-Louis en l'
Île
75004 Paris

Donnerstag, 22. Mai 2008

Die zwei Sterne des Pariser L'Atelier de Joёl Robuchon

Die französische Küche geniesst weltweit einen hervorragenden Ruf. Ob das tatsächlich so gerechtfertigt ist, mag dahinstehen.
Wenn man nach den Michelin-Sternen gehen würde, müsste Paris daher wohl die Gourmet-Stadt schlechthin sein. Immerhin beherbergt im Jahr 2008 die wunderschöne Stadt an der Seine 9 Drei-Sterne-Restaurants, 15 Zwei-Sterne-Restaurants und 38 Ein-Sterne-Restaurants.
Den Sprung von einem Stern zu einem zweiten Michelinstern hat dieses Jahr als einziges Pariser Restaurant das L'Atelier de Joёl Robuchon geschafft.
In einer wunderschönen Gegend gelegen - nicht weit von der Metro-Station Rue du Bac - ist das L'Atelier de Joёl Robuchon ein stylisches und überhaupt nicht typisches Sternerestaurant. Von der schwarz-roten Einrichtung und den Sitzmöglichkeiten erinnert es eher an eine äusserst elegante Sushibar. Die Gäste sitzen nämlich nicht an Tischen, sondern sind zum Teil rund um die "Küche" an Tresen und auf Hockern plaziert. So kann man wunderbar den Köchen und der Bedienung bei den Vorbereitungen zuschauen.
Die Menuekarte ist dann aber überhaupt nicht asiatisch, sondern sehr französisch. Neben dem klassischen Menue, besteht im L'Atelier auch die Möglichkeit, kleinere Degustationsspeisen zu bestellen, um so eine grosse Vielfalt an Kochkünsten geboten zu bekommen.
Zwei bis drei Degustationsgänge entsprechen etwa einem normalen Gang.

1. Degustationsgang
Zum LE FOIE GRAS (frais de canard cuit au torchon) wurde vom Sommelier ein Glas Clos Uroulat empfohlen. Dieser Wein besteht zu 100 % aus der Rebsorte Petit Manseng.
Besonders sympathisch ist, dass die Tochter Marie des Winzers Charles Hours, den blog Le blog de Marie/Uroulat hegt und pflegt.

AOC Jurancon
Charles Hours
Clos Uroulat 2006


Farblich glänzte dieser Dessertwein im Glas kräftig goldfarben.
In der Nase war der Uroulat dann ziemlich komplex. Viel Karamell, Lychee, mit Rohrzucker gesüsste Butter, Mango und Pfirsich spielten geruchstechnisch eine Rolle.
Am Gaumen war der Wein unglaublich rund und geschmeidig und erinnerte ein wenig an einen leichten eleganten Lycheesirup, der durch Säure nicht überladen schwer wirkte.
Im Abgang war der Uroulat dann angenehm lang und hinterließ einen Hauch Zitronengrassäure.
Zu der schweren Gänseleberpastete passte der Wein einfach exzellent, da das Foie Gras durch den Wein am Gaumen einfach nur zerschmolz.
Etwas enttäuschend war allerdings die Dekoration des Tellers. Denn eigentlich erwartet man, dass im L'Atelier alle Sinne angeregt werden, d.h. auch das Sehvermögen. Das flach geschnittene Foie Gras wurde allerdings einfach auf den unteren Teil des Tellers gelegt und oberhalb dessen wurde ein grosses Kreuz aus milden Salzkörnern gestreut. Ein wenig einfallslos, auch wenn die Sinne des Gaumens definitiv befriedigt wurden.

2. Degustationsgang
Als zweiter Gang kam dann das
L’AGNEAU DE LAIT
(en côtelettes à la fleur de thym) mit einem empfohlenen Glas Bergerac. Dieser Wein wird aus 50 % Merlot und 50% Cabernet Sauvignon gemacht.

A
OC Cotes de Bergerac
Château Tour des Gendres
La Gloire de mon Père, 2002

Von der Farbe war der Bergerac schwarzrot mit einem Lilastich.
In der Nase war der Wein dann hart und tanninreich. Herbe Cassistrauben mit einem etwas undefinierbaren Meeresgeruch nach Salz verwirrten ein wenig die Sinne. Später kamen noch Aromen, die an eine noch nicht reife Frucht oder grünes, knackiges Gemüse erinnerten. Eine passende Assoziation fehlte hierzu allerdings.
Am Gaumen fielen dann wieder als erstes die Tannine auf. Obwohl der Wein am Gaumen ziemlich komplex war, erschien er doch eher geschmeidiger und leichter.
Der Abgang war dann überraschend lang und hinterliess ein leichtes harmonisches Sauerkirscharoma am Gaumen.
Der Sommelier erklärte zuvor, dass der Bergerac weniger ein Alleingänger ist, sondern eher zu Speisen getrunken werden sollte.
Damit hatte er vollkommen recht. Denn mit dem Milchlämmchen, das mit einem Bund Thymian und weiteren Kräutern garniert war und dem sehr feinen Kartoffelpüree zeigte sich der Wein von seiner besten Seite. Die Tannine verschwanden vollkommen und der Wein ergänzte sich phänomenal mit dem Thymianlämmchen. Insbesondere die leicht säuerlichen Kräuteraromen gingen eine perfekte Alliance mit dem Bergerac ein.
Ein Genuss erster Klasse, der auch endlich den Augen was zu bieten hatte!

3. Gang
Und nun begann es langweilig zu werden. Der nächste Gang war eine Assiette de fromages de France. Die vier Weichkäsestücke waren simpel auf einem weissen Teller serviert worden. Alleine das dazugereichte pfiffig getoastete Brot war unglaublich lecker. Der empfohlene Cotes de Provence des Chateau Sarrins war für sich zwar in Ordnung, war aber in Ergänzung zu dem Käse nicht die beste Empfehlung.

Cotes de Provence
Château des Sarrins 2003

Der Wein wird aus Grenache, Syrah und Cabernet Sauvignon hergestellt.
Farblich ist er im Glas tief schwarzrot.
In die Nase wehte ein Hauch von dunklen Beeren.
Den Gaumen umspielten harmonische Tannine und beerige Aromen.
Der Abgang ist nicht weiter auffällig gewesen.
Mit dem Käse wurde der Wein allerdings langweilig und die Tannine verstärkten sich. Rätselhaft ist, warum gerade dieser Wein empfohlen wurde. Es gäbe sicherlich auch eine bessere Wahl.

4. Gang

Als krönender Abschluss wurde wärmstens das Dessert du jour (diesmal ein Kirsch-Soufflé) empfohlen.
Serviert wurde das Soufflé mit einem Cafe expresso, der war, wie er sein sollte: klein, schwarz und dickflüssig.
Das Soufflé war vom Geschmack her hervorragend: locker flockig und nicht zu süss. Allerdings störten die zahlreichen Kirschkerne den Genuss - auch wenn man zur Herausnahme der Kerne einen Hornlöffel benutzen konnte, der mit Goldfarbe bestreut war.
Das Auge spielte allerdings auch hier nur beschränkt mit. Die einfache runde Keramikschale stand auf einem goldenen Teller, der mit etwas undefinierbar Rötlichem bestreut war. Keine grossartig umwerfende Designidee.

Im Grossen und Ganzen kann man sagen, dass es ein wunderbarer Abend war, auch wenn das Fooddesign zum grossen Teil nicht betörend genial war. Vom Geschmack her gab's definitv keine Einwände, auch wenn die Weinempfehlung zum Käse nicht die Beste war.
Die Idee der Degustationsgänge ist allerdings mehr als genial. Denn so kann man die Kochkunst des Joёl Robuchon umfassend erfassen und geniessen.

L'Atelier de Joёl Robuchon
5, rue de Montalembert
75007 Paris
http://www.joel-robuchon.com
Open on sunday!

Weinrallye # 12 Jetzt schlägt's ZWÖLF!

Die Aufgabe der 12. Weinrallye wird vom "Weinrallye -Hysterie-Verursachenden" Winzerblog gestellt, begleitet und schlussendlich ausgewertet.
Und um diesem Ereignis in Weinseligkeit die nötige Würde zu verpassen, wird das Thema diesmal Wein
Am 10. Juni 2008
sollen daher sämtliche Verkostungsnotizen, -erfahrungen und -geschichtchen zu Weinen, die einen kirchlichen oder auch religiösen Bezug haben, veröffentlicht werden. Was das für Weine sein können, wird vom Winzerblog klar in 5 Punkten umschrieben.
Die Gebrauchsanweisung zur Weinrallye gibt es ebenfalls bei Thomas Lippert vom Winzerblog.

Sonntag, 11. Mai 2008

Weinrallye # 11 Nikos grosser Rosé-Spass zusammengefasst

Prägnant, frisch, humorvoll und sommerlich gut gelaunt - wie das traumhafte Pfingstwetter - erfolgte heute die Zusammenfassung der 11. rosigen Weinrallye auf Niko's Weinwelten.
Nicht nur Thomas Günther von weinverkostungen.de, sondern auch Niko hat den neuen Trend 2008 in Sachen Wein erkannt und ist rechtzeitig auf den fahrenden Zug gesprungen. Eindeutig ist diesmal der Rosé in all seinen Herstellungs- und Ländervarianten der ultimative Sommerwein. Dies hat die diesmalige Weinrallye gezeigt, auch wenn einige Rosés aus dem nichtdeutschsprachigen Raum 'reingerutscht sind. Mit einigen Ausnahmen waren alle Teilnehmer mehr oder weniger sehr angetan von ihren ausgesuchten Weinen.
Der Sommer kann nun in all seiner Bandbreite kommen und wird mit einem gut gekühlten Glas Rosé begrüsst!

Samstag, 10. Mai 2008

Weinrallye #11 Träume in Rosé

I. Roséweine und andere Träume
Niko's Aufgabe für die 11. Ausgabe der Weinrallye passte hervorragend zu dem traumhaften Maiwetter und brachte wieder mal neue fundamentale Erkenntnisse.
Was war das spannende Thema und was sollte verkostet werden? Passend zu rosigen Frühlingsgefühlen fragte Niko nach den besten Rosés aus Deutschland, Österreich und Südtirol.
Zunächst sollte man sich daher bewusst machen, was denn überhaupt ein Rosé-Wein ist. Denn nicht alles wo es rosé glänzt, ist auch rosé 'drin.
In der grosszügig bestückten Weinabteilung vom Kaufhof stehen z.B. neben den tatsächlichen Rosé-Weinen auch "rosa" Weine, die nicht wegen der Art der Vinifizierung diese Farbe, sondern aufgrund des Verschneidens von weißen und roten Trauben diese Farbe erhalten haben. Eine derartiger Rotling vom fränkischen Juliusspital ist daher eine leckere, spassige und kräftig roséfarbene Geschichte, die am Gaumen stark an sommerliche Erdbeerbowlen erinnert. Passt bestimmt gekühlt super zu einem romantischen Picknick im Grünen. Aber ein tauglicher Weinrallye-Wein ist es eben nicht.
Daher schweifte der Blick weiter und blieb bei einem Rosé-Wein Spätburgunder Weißherbst von Meyer-Näkel von der Ahr hängen.
Zum Vergleich wurde noch ein Cuvee Roséwein vom Weingut Knipser aus der Pfalz herangezogen.

II.
Meyer-Näkel
Spätburgunder Weißherbst 2007
Ahr
12,5 %

1. Sowohl in der Flasche als auch im Glas ist der Weißherbst farblich ziemlich blass und erinnert mehr an Abricot mit ein wenig Lachs als an Rosé.
2. In die Nase weht dann ein Aroma, das farblich olfaktorisch frischen roten Äpfel ähnelt und einen Hauch Erdbeerbowle intus hat. Hinzu kommen grüne Stachelbeeren.
3. Am Gaumen erinnert zum Glück nichts mehr an penetrante Bowlen, sondern der Schluck füllt den Gaumen mit einer frischen, mineralischen und prickelnden Mandelnote und jungen grünen Stachelbeeren. Der Wein ist am Gaumen mineralisch ziemlich ausbalanciert, obwohl man nicht behaupten könne, er sei vollkommen rund. Dafür hat er zuviele Ecken und Kanten im Geschmack.
4. Problematisch ist aus meiner Sicht, dass der Wein beim Abgang einen leicht chininartige Säure hinterlässt, die allerdings auch an den Geschmack von Pomelos oder Grapefruits erinnert.


III.
Weingut Knipser
Rosé Cuvée Cabernet & Co. 2007
Pfalz
12,0%

1. Farblich ist dieser Cuvée intensiver und strahlt im Glas eher lachsfarben.
2. Hier dominiert in der Nase eindeutig stärker als beim Weißherbst die Erdbeeraromatik, jedoch keinesfalls in penetranter Süsse, sondern eher in frühlingshafter Frische. Hinzu kommt ein bunter Strauss an weiteren Aromen wie Himbeeren, Waldbeeren und sommerlich feuchtem Gras.
3. Am Gaumen hat der Rosé ebenfalls eine leichte Mandelaromatik, die jedoch schwächer ausgeprägt ist. Stärker kommt das Himbeeraroma hier zur Geltung.
4. Der Abgang ist dann weniger chininlastig, sondern eher buttery und harmonischer. Die Säure ist in jedem Fall wohl ausbalanciert und sehr zart.

IV. Der Ausflug in die Roséwelt ist ein perfekter Einstieg in die Grillsaison 2008. Nur müsste man dazu nun auch noch einen Grill haben.
Mangels urtümlicher Gerätschaften muss ein gewöhnlicher Herdgrill herhalten, um aus einem saftigen Stück Thunfisch einen gegrillten Fisch nach südafrikanischer Art zu zaubern, à la Tunny with tomato sauce braai.Um der ganzen Weinrallye-Geschichte gerecht zu werden, wird der Fisch mit einer homemade Sauce in Alufolie gewickelt auf dem Grill ausreichend und saftig gegrillt. Der Kick an der Sauce ist, dass sie mit einem Schilcher Roséwein-Essig von Gölles angereichert wurde. Allerdings stammt er nicht aus Deutschland, sondern aus Österreich.
Dieser Roséwein-Essig wird aus der Traube Blauer Wildbacher hergestellt, schmeckt aber - meinem ungeschulten Gaumen sei verzieh'n - auch nicht großartig anders als andere Weinessige. Zweifellos ist er jedoch im Aroma sehr mild und fruchtig. Und um nicht gestellte Fragen gleich zu beantworten: er ist farblich nicht roséfarben, sondern gelblich!
Um die notwendigen und ernährungstechnisch wichtigen Vitamine nicht zu vergessen, gab's zum Tunny einen Salat mit Rucola, Pinienkernen und Parmesan.
Sowohl zum Meyer-Näkel als auch zum Knipser passte der gegrillte Fisch sehr gut. Allerdings würde ich diese Kombination nicht als perfekt bezeichnen, sondern ihr eher die Note 2 geben, da der Wein sowohl durch den Fisch nicht harmonischer wurde und der Fisch nicht am Gaumen mehr zerschmolz. Das nächste Mal würde ich wahrscheinlich die Tomatensauce weglassen und den Thunfisch leicht gewürzt gegrillt zum Roséwein essen.
Traumhaft war allerdings die Verbindung zwischen dem Parmesan vom Rucolasalat und insbesondere dem Knipser-Rosé. Diese Kombination schrie einfach nach mehr! Beim Meyer-Näkel Rosé verstärkte sich dagegen das Mandelaroma.

V. Conclusio
Deutschland bringt wunderbare Roséweine zustande, die durchaus elegant und säureausbalanciert sind, ohne gleich zu einem süffigen, jedermannstauglichen Partywein auszuarten, der mehr süss als Wein ist.
Auch wenn es erstaunte, dass der Unterschied zwischen einem Spätburgunder Weißherbst und einem Cabernet & Co. Cuvée Rosé sehr gering war und er erst im bewussten Verkosten ersichtlich wurde. Und das, obwohl unterschiedliche Rebsorten und Lagen im Spiel waren. Aber auch diese geschmackliche Auffälligkeit bzw. Unauffälligkeit kann nur dem ungeschulten, aber hart trainierenden Gaumen verschuldet sein.
In diesem Sinne: Bon appétit!



Donnerstag, 8. Mai 2008

Erste Live-Weinrallye in den Startlöchern

Bevor der anstehende 11. Weinrallye-Veröffentlichungstermin am 10.05.2008 vor der Tür steht, gibt's noch mal zu dem Thema "Live-Weinrallye" eine kleine Zusammenfassung:
Nachdem sich einige Interessierte zu verschiedenen Daten geäussert hatten, wird jetzt einfach ein Termin festgesetzt.
Nach Rücksprache mit Lars von schreiberswein wird die Live-Weinrallye nun am Wochenende
21./22. Juni 2008 in Berlin
stattfinden.
Der Ort und das Thema des gemeinsamen Verkostens und das weitere Rahmenprogramm werden von der Anzahl der teilnehmenden "Weinrallye-Fahrern" abhängig gemacht.
Es wäre daher wünschenswert, wenn bis Ende Mai feststünde, wer den weiten Weg in die hoffentlich dann sonnige Hauptstadt auf sich nehmen würde, um an dem 1. Live-Weinrallye-Event teilzunehmen.

Freitag, 2. Mai 2008

Gallery weekend 2008: Von Bondage über Bierdosen bis zur VEB-Umwandlung

Man könnte meinen, die Berliner Highsociety und seine internationalen amerikanischen und japanischen Besucher sind kulturell ausgehungert. Jedenfalls hatte man gestern diesen Eindruck beim dem Start ins Gallery weekend.
Insgesamt 34 Gallerien öffneten in diesem Rahmen ihre Türen und mindestens doppelt soviele Galerien haben sich im näheren Umkreis undercover diesem Ereignis angeschlossen.
Scharenweise strömten kunstgierige Menschen in die Gallerien. Zwischen Kochstrasse und Leipziger Strasse blieb zum Teil der Straßenverkehr liegen, da ein Durchkommen kaum möglich war.
Der Höhepunkt des "Gallery weekend" Starts war zweifellos das Opening in der Jablonka Gallerie. Mr. Jablonka lud zur Vernissage der diskutablen Ausstellung Kinbaku der Photos des Ikebana-Künstlers Nobuyoshi Araki.
Der Meister selbst war anwesend, wurde von Bodyguards begleitet und zeichnete fleissig Autogramme in dem verkäuflichen Katalog. Jeder einzelne seiner Schritte wurde von einer Traube Journalisten und Besucher begleitet. Auffällig war, daß sich insbesondere die eleganten und wohlsituierten mit teuren Tüchern, Hermès-Tasche oder auch mal simpler mit Barbour-Jacke ausgestatteten Besucher stark für den kleinen japanischen Gast mit schwarzer und runder Sonnenbrille interessierten.
Wie sich gegenseitig anziehende Moleküle bewegte sich Araki und seine Anhänger im Raum - ein Kunstwerk für sich.
Womit hat er soviel Aufmerksamkeit verdient? In diesem Fall mit 100 kontroversen Schwarz-Weiss-Fotografien aus der Serie Kinbaku. "Kinbaku ist eine traditionelle Kunstform in Japan, die Elemente aus der Kunst der Verpackung und der Kunst des Blumensteckens (Ikebana) miteinander vereint. Araki selbst betont den Unterschied zur westlichen Bondage: „Kinbaku (Knoten mit Schnüren) unterscheiden sich von Bondage. Ich fessele den Körper einer Frau nur deshalb, weil ich ihr Herz nicht fesseln kann. Nur ihre physischen Körperteile können gefesselt werden. Das Fesseln einer Frau wird zu einer Umarmung.“
Soweit die Pressemitteilung. Der Betrachter kann sicherlich auch anderer Meinung sein, insbesondere, wenn sich schwangere Frauen so verknotet zum Teil freiwillig abbilden lassen.

Zugleich verwundert ob der Ausstellung war klar, dass dieses Opening wohl kaum durch die anderen Galerien getoppt werden könnte.
Und doch, insgesamt gab es viele kleine spannende Momente, die festgehalten werden sollten.

In der Galerie Crone wurden in der Ausstellung "Sei gerecht!" großformatige Ölgemälde von Peter Stauss ausgestellt, die - wie das Bild Séance 2008 - einen Preis bis zu 42.500 € erzielen sollen. Auffallend an den Bildern war, die ein buntes Verwirrspiel zwischen Mensch und Tier darstellen, wie farbenfroh sie sind. Hin und wieder blitzte auch mal ein Wappen oder eine Gitarre auf. Insgesamt erweckten die Bilder einen mittelamerikanischen bunten Eindruck.

Die Galerie Tammen präsentierte gleich Kunstwerke mehrerer Künstler.
Sehr romantisch, ohne kitschig zu sein, waren die grossformatigen Bilder von der jungen Künstlerin Kerstin Serz. Thema der Bilder sind oftmals Liebende, Personen, Schwäne und Schmetterlinge. Wunderschön.
In der gleichen Galerie wurden auch spektakuläre Fotografien von Ernst Volland, Maximilian Meisse und Jewgenij Chaldej ausgestellt. Während die beiden ersten Künstler noch leben, ist der Kriegsfotograf Chaldej 1997 verstorben. Der Ukrainer hat an vorderster Front während und nach dem 2. Weltkrieg Aufnahmen von und in Berlin gemacht und von dem dazugehörigen Kriegsgreuel. Dabei suchter er nicht heroische Posen, sondern fotografierte quasi im Vorbeigehen. Wie z.B. die "Nazi-Familie", die auf einer Parkbank in Wien Selbstmord begangen hat. Grausam.
Eine Ausstellung zu Ehren von Jewgenij Chaldej "Der bedeutende Augenblick - Eine Retrospektive" ist vom 9. Mai bis zum 28. Juli 2008 im Martin-Gropius-Bau in Berlin geplant.
Passend zur letzten Volksentscheid wurden auch nostalgische Fotografien des Flughafens Tempelhof ausgestellt. Bald ist dieser Flughafen in dieser Form wohl nur noch Geschichte - festgehalten von dem Fotografen Maximilian Meisse.

Die DAAD-Galerie offerierte mal wieder expressive Installationskunst.
In diesem Fall waren es gestapelte Säcke, auf denen Gras wuchs. Die palästinensische und britische Künstlerin Mona Hatoum, die 1952 in Beirut geboren wurde, stellt mit ihrer Skulptur einen hängenden Garten dar, der sich im Verlauf der Ausstellung permanent verändern wird.

Nebenan in der Galerie Barbara Weiss wurden in Piktogrammsprache, Scherenschnitten und in knallig roten Grafiken die Wandlung und Umstrukturierung der ostdeutschen Produktionsgenossenschaften in das westliche System von Andreas Siekmann dargestellt. Insbesondere die Schnelligkeit, in der die Umwandlung durch die Treuhandanstalt erfolgte, faszinierten Siekmann. Daraus ist die Ausstellung "Verhandlungen unter Zeitdruck" entstanden.

Ebenfalls im gleichen Gebäude gelegen, wird in der Galerie Max Hetzler eine Art Recycling-Kunst von Frank Nitsche ausgestellt. Mehrere Säulen aus Bier-, Coladosen, etc. aufgeschichtet und mit den verrücktesten Aufklebern verziert, sind sie in der Galerie schon wegen der Grelligkeit ein Augenfang. Die Ölbilder an den Wänden erstrahlten dagegen im Gegensatz zu den Säulen in zarten Pastelltönen.

Die Galerie Upstairs Berlin präsentierte zwar keine neue Ausstellung, stellte aber einen Querschnitt der Bilder der Galeriekünstler wie Veronika Veit, Anna Genger, Emma Stibbon, Simon Schubert, Ilias Papailiakis, Christine Schulz und Marisa Favretto, die gerade kürzlich den diesjährigen International Painting Prize der Guasch-Coranty Foundation erhalten hatte, der mit 20.000 € dotiert ist, aus.

ie zum Galleryweekend neueröffnete Galerie Carlier Gebauer in der Markgrafenstr. 67 präsentierte gleich drei Künstler: Marcellvs L., Erik Schmidt und Tomasz Kowalski. Während Marcellvs L. eine Videoinstallation aufstellte, die Menschen zeigen, die in den "Korridoren" des jüdischen Mahnmals am Tiergarten entlanglaufen, präsentierte der Pole Tomasz Kowalski Malerei, die auf verwunschene und märchenhafte Art die Lebenszeitläufe darstellen. Erik Schmidt's Malerei ist dagegen greller und naturverbunden. Immer wieder werden von ihm Weingüter und die Landschaft als Medium dargestellt, wobei er seine Eindrücke, die er 2007 in Ella Valley, einem Weingut zwischen Jerusalem und Tel Aviv, verarbeitete.

In der ebenfalls neu eröffneten Galerie Bourouina in der Charlottenstr. 1-2, wurde eine auf den ersten Blick lustige, auf den zweiten Blick zum Nachdenken bringende Einzelausstellung des Finnen Riiko Sakkinen ausgestellt.
In Comicform betrachtet er u.a. die 68er Slogans und parodiert sie. Dabei schreckt er auch nicht zurück und stellt in Comicform dar, wie man eine Bomba Indendiaria Coctel Molotof herstellt.

All das und vieles mehr bei der
Gallery weekend Berlin 2008
2. - 4.5.2008

Vergessene Freundschaft zwischen Russland und Preussen

Bevor im schnelllebigen Berlin wieder die Ausstellung Macht und Freundschaft Berlin - St. Petersburg 1800 - 1860 Ende Mai die Toren schliesst und seine Schätze in irgendwelchen Archiven oder anderen Sammlungen verteilt werden, sollte man dieser im Martin-Gropius-Bau in Berlin seine Aufwartung machen.
Gezeigt werden neben Porträts von Napoleon I auch die Gemälde von Alexander I, Friedrich Wilhelm III, Prinzessin Charlotte von Preußen (später Alexandra Fjodorowna), Kaiserin Maria Fjodorowna, etc.
Die Ausstellung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Porträts der Herrscher, sondern zeigt anhand von Bildern der russischen und preussischen Schlossgemächer, den Gastgeschenken, luxuriösen Souvenirs (überdimensionale Erinnerungspokale and das Fest "Der Zauber der Weißen Rose" mit Wappen sämtlicher deutscher Adelshäuser), den Darstellungen der gegenseitigen kulturellen Veranstaltungen, von Kirchenbauten in St. Petersburg und Potsdam, Bau von Alexandrowka in Potsdam und des Schlosses Orianda auf der Krim durch Schinkel wie eng der Dialog zwischen den beiden Kulturen war. Aufgrund von Heiraten waren das preussische Haus mit der Zarenfamilie eng verwandt, so dass die enge - auch kulturelle - Verbindung nicht verwundert.
Ein Ausstellungs-Prunkstück der besonderen Art ist eine Violine des Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka, der 1804 in einem Dorf in der Smolensker Gubernija geboren wurde und in Berlin 1857 starb. Zwar wurde er zunächst in Berlin auf dem russischen Friedhof in Tegel beigesetzt, wurde jedoch später nach St. Petersburg übergesetzt.
Zwei Stunden sollte man sich in jedem Fall für den Rundgang im Martin-Gropius-Bau mitsamt dem Audiosystem Zeit nehmen. Auch ist es nicht schädlich, ein wenig Kenntnis der jeweiligen Herrscherhäuser mit zur Ausstellung zu nehmen. So ist der Genuss ungetrübt und man kann die herrschaftlichen familiären Verwicklungen besser verstehen.
In Erinnerung bleibend ist jedoch die heute verdrängte Tatsache, dass einstmals zwischen Deutschland, d.h. Preussen, und dem russischen Reich eine enge Freundschaft bestand auf die man sich heute wieder besinnen sollte.
So fern sind sich beide Kulturen eben doch nicht.

Noch bis zum 26.5.2008
Macht und Freundschaft Berlin - St. Petersburg 1800 - 1860
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstr. 7
10963 Berlin