Montag, 31. März 2008

Paul Grotes spanischer Weinkrimi

Mittlerweile hat sich ein neues Genre in der literarischen Krimi-Welt etabliert: Die Weinkrimis!
Der passionierte Weininteressierte kann seine Gelüste nun nicht nur in Form von gegorenem Traubensaft stillen, sondern seine Leidenschaft für Wein auch mit Kriminalgeschichten ums Weinmetier verbindend befriedigen.
So bringt man den Weininteressierten zum Lesen und den Krimileser zum Wein!
Weinzeitschriften werben in letzter Zeit daher regelmässig für neue Weinkrimi-Erscheinungen.
Ein Schriftsteller wird dabei immer wieder genannt. Paul Grote, der 1946 in Celle geboren wurde, hat mittlerweile vier bei dtv veröffentlichte Kriminalromane geschrieben, die sich alle um Mord, Wein, Weinanbau und Weinherstellung drehen. Mal spielen die Geschichten im Bordeaux, mal in der Toskana oder auch mal im Burgenland.
Sein dritter Weinkrimi "Rioja für den Matador" spielt - wie vom Titel nicht anders zu erwarten - in der Rioja-Gegend in Spanien.
Der Weinjournalist Henry Meyenbeeker wird nach Rioja geschickt, da der Önologe Jaime Toledo einer neu gegründeten Kooperative um eine entsprechende öffentlichkeitswirksame Reportage gebeten hatte.
Statt genüsslich den Winzern der Kooperative beim Produzieren von Wein zuzuschauen und nebenbei Wein zu verkosten, gerät Meyenbeeker in tödliche Gefahr. Inwieweit die traditionellen Weinbetriebe in der Gegend damit zu tun haben, will der deutsche Journalist aufklären - was ihm auch zum Schluss gelingt. Gratis obendrauf bekommt er auch noch eine Lehrstunde in deutsch-spanischer Geschichte!
Der Krimi ist nicht nur bis zuletzt spannend geschrieben, sondern beschreibt auch fundiert die Weinproduktion im Rioja.
Wer sich neben der Aufklärung eines Mordes auch für die Beschreibung der Landschaften um Logrono, Laguardia und Elciego interessiert und den es nicht langweilt zu wissen, weshalb die Buschziehung statt der Drahtrahmenziehung die Norm ist oder, dass Metabisulfat beim Wein in den Gärtanks das Eindringen von Bakterien verhindert, liegt mit diesem Krimi goldrichtig. Und für das filmreife Happyend gibt es sogar noch eine Liebesgeschichte dazu.

Paul Grote
Rioja für den Matador

Originalausgabe 2005 bei dtv erschienen

Samstag, 29. März 2008

Maßnehmende Kunst

So trocken wie der Name Deutscher Akademischer Austauschdienst - kurz DAAD - ist, so spannend und unterhaltsam sind in letzter Zeit die Ausstellungen, die in der gleichnamigen und vom selben Dienst geförderten daadgalerie in der Zimmerstrasse in Berlin zahlreich die Besucher anziehen.
Nach der Videoinstallation von Sejla Kameric kommt nun Aktionskunst von Roman Ondák an die Wand der Galerie, die erst zum Ende der Ausstellung am 30. April 2008 sein Finale finden wird.
Roman Ondák, der 1966 in Zilina in der Slowakei geboren ist, ist Stipendiat des DAAD und machte sich schon zuvor einen Namen durch Ausstellungen in der Pinakothek der Moderne in München und in der Tate Modern.
In der daadgalerie in Berlin werden alle Besucher im Rahmen der Ausstellung Measuring the Universe höhenmässig an der Wand mit einem Strich markiert und der jeweilige Vorname dazugesetzt. So wie bei Kindern, denen man beim Wachsen "zuschauen" möchte.
Im Laufe der Ausstellung füllt sich die Wand so mit Hilfe der Ausstellungsbesucher zu einem Geflecht aus Strichen und Namen. Eigentlich sollte man daher statt des Ausstellungsbeginns in diesem Fall das Ausstellungsende feiern, da man dann das fertige Kunstwerk betrachten kann. Fragt sich nur, was mit dem Gemeinschaftwerk nach Ende der Ausstellung passiert. Denn einfach wird es wohl nicht werden das Werk einfach so von der Wand abzunehmen.

Roman Ondák
Measuring the Universe
29.3.2008 - 30.4.2008
daadgalerie
Zimmerstr. 90/91
10117 Berlin

Ein mystischer griechischer Rohdiamant

Diamantis Sotiropoulos, ein Name, der glamourös, geheimnisvoll und sexy ist.
Genauso wie die Person, die hinter dem Namen steht und nun seine erste Einzelausstellung in der Galerie Upstairs berlin bekommen hat.
Sotiropoulos, der 1978 in Athen geboren worden ist und zurzeit in Berlin lebt, präsentierte gestern bei der Eröffnung seiner Ausstellung TRIGGER-HAPPY sechs grossformatige Werke auf Papier. Sechs Bilder, die alle mystisch, barock, avantgardistisch, religiös, mittelalterlich, fabelhaft, weltumfassend, tierisch und grausam sind. Dabei spielen LEX, Best among equals, Threat, The Kind ist dead, Long live the King!, Calamity und Winner dies second nur mit wenigen Farbtupfern wie Gold und roter Glitzerfarbe, in den sonst nur von schwarzer Tusche dominierten Bildern.
Die passpartout-ähnlich mit pompösen Ranken ummalten märchenhaften Gestalten sind mal Chimären, halb Tier halb Mensch oder teuflische Tiere, die ihre Macht in dominanter Herrlichkeit ausspielen. Sogar die Pflanzen spielen diesen Kampf mit und verwandeln sich in grausame und mit spitzen Zähnen ausgestattete Blumen.
Gerade diese kleinen Details machen Sotiropoulos Bilder aufregend, wobei die gemalten Erzählungen für sich alleine sprechen und keiner weitergehenden Erklärungen bedürfen.
Verwunderlich ist es daher nicht, daß die zahlreich geladenen internationalen Besucher lange vor den Bildern verweilten und sich gerne in ein Gespräch mit dem gutaussehenden Sotiropoulos einwickeln ließen.
Noch bis zum 24. Mai 2008 sind die sechs Werke in Berlin Mitte ausgestellt.


Diamantis Sotiropoulos
TRIGGER-HAPPY

29.3.2008 - 24.5.2008
Upstairs berlin
Zimmerstr. 90/91
10117 Berlin

Mittwoch, 26. März 2008

Die drei Evangelisten und Vargas griechische Tote

Kriminalgeschichten sind eine wunderbare Art sich zu unterhalten.
Mal sind es trivialere Geschichten, die oftmals den Urlaubsleser in mysteriöse und mordsmässige Verwicklungen entführen. Mal ist es auch anspruchsvollere Literatur, die den Leser bis zum Schluss in Spannung hält und den wahren Täter erst auf den letzten Seiten offenbart.
Zu dem Genre der anspruchsvolleren Kriminalliteratur gehören die Krimis der französischen Autorin Fred Vargas.
Zum Schreiben kam Vargas, die eigentliche Frédérique Audoin-Rouzeau heisst und in Paris geboren ist, erst über den beruflichen Schlenker in die archäologische Welt. Als Historikerin und Archäologin erwarb sie sich das Wissen, das sie nun fundiert in ihren Krimis verarbeitet.
Aus der Reihe um die drei Evangelisten ist Die schöne Diva von Saint-Jacques (Originaltitel: Debout les morts) als erstes Buch 1995 in Frankreich erschienen.
Drei Historiker und ein "Ex-Bulle" leben in einer Wohngemeinschaft zusammen und geraten dabei durch Zufall in eine Mordgeschichte um ihre griechische Nachbarin, die in der Vergangenheit als Opernsängerin große Erfolge feierte. Mit mehr oder auch weniger Feingefühl finden sie gemeinsam mit Hilfe einer Buche den wahren Mörder und überführen ihn.
Die Geschichte hört sich simpel und platt an. Durch die erzählerischen Ausflüge in die Historie um den ersten und zweiten Weltkrieg herum wird der Krimi nicht nur zu einer kleinen Lehrstunde, sondern ist auch noch spannend zu lesen. Alleine die drei Historiker Marc, Lucien und Mathias auseinanderzuhalten fiel einem manchesmal schwer, da trotz der äusserlichen Unterschiedlichkeiten die drei "Evangelisten" sich vom Charakter ähneln. Aber dieser Eindruck kann sich eventuell legen, wenn man in den folgenden Büchern der Reihe mit den Personen vertrauter wird.
Übrigens, den wahren Mörder errät man nicht schon auf den ersten Seiten!

Fred Vargas
Die schöne Diva von Saint-Jacques
Originaltitel: Debout les morts
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Aufbauverlag, Berlin
25. Aufl. 2007

Dienstag, 25. März 2008

Hannoveraner Bundeshoflieferant Gaues und sein Ochsenbrot

Das letzte Heft vom Gault Millau (01.2008) hat sich dieses Themas schon ausführlichst angenommen: Brot!
Es ist ein Grundnahrungsmittel, das schon zu biblischen Zeiten immer ein Thema war, mal als ungesäuertes Brot, mal als Sauerteigbrot.
Gerade zum jüdischen Pessahfest, bei welchem der Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten gefeiert wird, soll sieben Tage lang nur ungesäuertes Brot gegessen werden (2. Mose 12, 15a-20). Wer es wagen sollte, gesäuertes, d.h. Sauerteigbrot zu essen, "der soll ausgerottet werden aus der Gemeinde Israel, auch ein Fremdling oder ein Einheimischer des Landes."
Auch das Neue Testament nimmt sich des Themas Brot an. Wie bei grossen Events üblich muss auch das Catering stimmen, wenn Tausende erwartet werden. Das wussten auch schon die Jünger Jesus, so dass sie überlegten, wie sie für zweihundert Silbergroschen genug Brot kaufen könnten. Jesus half diesem Problem ab, indem er fünf Gerstenbrote an fünftausend Männer verteilte (Johannes 6, 9-13) und jeder satt wurde: "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten." (Johannes 6, 35).
Brot ist aber auch heutzutage noch ein Lebensmittel, das tagtäglich verzehrt wird und auf dessen Qualität daher penibelst geachtet werden sollte. Um so verwunderlicher ist es daher, dass so wenig - trotz grösster Brotvielfalt - auf Qualität beim Einkauf geachtet wird.
Einer, der sich auf das traditionelle Backen, d.h. fast ohne Maschinen, und daher zur Qualität zurückbesonnen hat, ist der Bäckermeister Jochen Gaues aus Hannover. Erstaunlich ist es daher nicht, dass er zum besten Bäcker gekürt wurde, und seine Backwaren das Bundespräsidialamt, WM-Mannschaften und die Top-Gastronomie samt Stars und Sternchen versorgen. Seine Brote, die in klassischer Nachtarbeit hergestellt werden, sind so köstlich, dass man nicht genug davon bekommt. In dem wenig attraktiven Verkaufsraum der Bäckerei, welche sich äusserlich in nichts von anderen herkömmlichen Bäckereien unterscheidet, werden überdimensionale bis neun Kilo schwere Ochsenbrote, Ciabatta-Brote, Bürli-Brote, Baguettes, Gersterbrote, Muckstangen oder auch Hörnchen an den Mann oder die Frau gebracht.
Aber wie auch in zwischenmenschlichen Beziehungen kommt es zu guter Letzt nicht auf das Äussere, d.h. die Räumlichkeiten, sondern auf die inneren Werte, in diesem Fall die Qualität der Backwaren an, die wohl unbestritten hervorragend ist. Denn das Brot ist in seiner Konsistenz gerade richtig. Es wird nicht zu schnell hart, wird aber auch nicht labbrig fad, sondern behält auch noch nach zwei Tagen seinen aromatischen Brotgeschmack- und duft.
Trotz fehlender protziger bis vornehmer Repräsentanz ist es daher nicht verwunderlich, dass Gaues Hoflieferant, d.h. Bundespräsidialamtslieferant ist.
Schade nur, dass die Bäckerei seinen Sitz in Hannover und nicht in Berlin hat.

Broterbe Gaues
Rehbergstr. 5
30173 Hannover

Montag, 24. März 2008

Das Bavaria im märchenhaften Harz

Der Winter ist auch über Ostern 2008 in Deutschland nicht weit entfernt. Jedenfalls dann nicht, wenn man ins Gebirge fährt. In diesem Fall in den niedersächsischen Harz, in den Nationalpark Harz, der immer mehr und mehr seinen altbackenen und spiessigen touch ablegt.
Dort gibt es noch verlassene schneebedeckte Regionen, in denen man sowohl traumhafte Wanderungen in der Einsamkeit machen kann als auch im touristischen Trubel die Pisten herunterrodeln oder auf Skiern herunterbrausen kann. Insbesondere von dem winzigen Ortsteil Torfhaus aus ist beides möglich.
Bevor man jedoch in der erst vor eineinhalb Jahren eröffneten Almhütte Bavaria Alm genüsslich einkehrt, sollte man es allerdings nicht versäumen eine wunderbare etwa zwei- bis dreistündige Wanderung zu machen.
Von der Bundesstrasse B4 aus biegt man in den Märchenweg ein und befindet sich nur wenige Minuten später in knietiefem Schnee und in einer Traumlandschaft. Eine Wanderung bis zum Oderteich lohnt sich in jedem Fall. Nach der Umrundung des Sees geht's dann wieder über den Märchenweg zurück, so dass man zum Schluss etwa 12 km abgelaufen ist.Geschafft von der Tiefschneewanderung ist man glücklich, wenn man daran gedacht hat, rechtzeitig in der Bavaria Alm in Torfhaus einen Tisch zu reservieren. Denn ohne eine solche muss man hart um die zwar zahlreichen Plätze, aber auch zu Recht sehr gut besetzten Tische kämpfen. Bei bayerischem Bier, sei es nun Hellem, Dunklem oder Pils, und den entsprechenden Schmankerln, wie Weisswurst, Flammkuchen, Wiener Schnitzel oder Käsespätzle, kann man seine Kräfte sammeln und die zahlreichen landschaftlichen Eindrücke verarbeiten. Die Hütte erinnerte definitiv aufgrund der Ausstattung, Lautstärke, der Bedienung in bayerischen Trachten und des Essens an die Vorbilder in den Alpen, so dass man trotz der nördlichen Lage das Gefühl von Alpenurlaub hat.
Die abendliche Rückkehr in die niedersächsische Ebene fällt einem dann besonders schwer, da man sich kaum von der herrlichen Natur trennen möchte. Schade ist nur, dass dieser Landstrich es bisher unterlassen hat, seine Pensionen und Hotels zu modernisieren und den Mief der 80er Jahre hinter sich zu lassen. Denn was in dieser Gegend noch fehlt sind kleine, aber sehr feine Unterkunftsmöglichkeiten, in denen man auf romantische Art und Weise ein herrliches Wochenende verbringen könnte.

Bavaria Alm
Torfhaus 38 a
38667 Torfhaus / Harz

Mittwoch, 19. März 2008

Lachmuskeltraining mit ... ähm ....Unter Niewo

Grandios, bombastisch und superkalifragilistikexpialigetisch!
Diese umwerfenden Emotionen, ja Gefühlsausbrüche löst auch die zweite österliche Spielzeit der Berliner Schauspieltruppe Unter Niewo mit dem Stück Die Ilias und die Odyssee an einem Abend aus.
Nach dem fast unbeschreiblichen Erfolg im letzten Jahr war es einfach klar wie Klins....äh....wie Klosbrühe, dass das Stück noch mindestens eine Million mal aufgeführt werden muss. Einen Bruchteil dieses Solls haben die Jungs und das eine Mädel schon geschafft. Der Rest folgt dann - wie mir aus vertrauten Kreisen zugeflüstert wurde - unter anderem in der "dritten" Spielzeit im November 2008.
Und auch diesmal konnte man sich vor Lachen wieder kaum auf den Stühlen halten, als die Schauspieler Isabelle Gensior, Robert Löhr, Christoph Keune, Thilo Prothmann und "Rocky" Paul El Selman als Urmel & Co. wie Puppen über die Bühne hüpften, in der Höllensauna Vaterschaftsprobleme diskutierten, oder als achillessehnengeschädigte Krieger im Trojanischen Pferd...ähm.....Krieg um Helena kämpften.
Besonders die weiblichen Zuschauer konnten sich an den mal mehr oder weniger knackigen Jungs wieder satt sehen. Für jeden Geschmack gab es was in dieser boygroup: ob blond, ob dunkel, ob schmächtig, ob kräftig, ob klug oder dumm....alles war vorhanden!
Besonders Rocky-Paul-Mike-Achilles hat wie eh und je fleissig trainiert, um mit seinem Astralkörper und den stählernen Muskeln in einem Hauch von Nichts das weibliche Publikum zu blenden, während die männlichen Zuschauer vor Neid erblassten.
Auch an die homer- bzw. homosexuelle Zuschauerschaft wurde brav in Form des in rosa gekleideten und mit einem Staubwedel bewaffneten Patroklos alias Christoph Keune gedacht.
In diesem Käfig voller Narren fühlte sich jeder wohl und jeder wurde mit Niveau durch Unter Niewo angesprochen: Hauptsache man nahm Homer mit Humor und ließ sich bereitwillig in die Abenteuer der Ilias und der Odyssee entführen.

BKA-Theater
Unter Niewo
Die Ilias und die Odyssee an einem Abend

noch vom 21. bis zum 24.03.08, 20:00 Uhr
Mehringdamm 32-34
10961 Berlin

Into the wild

Into the wild ... In der Wildnis ... In die Wildnis ... alleine in Alaska .... losgelöst von allem Materiellen.
Die grosse Sehnsucht fast eines jeden Menschen:
Einen cut in seinem Leben zu machen und alle Bindungen zu der Vergangenheit und Gegenwart zu lösen.
Alles hinter sich zu lassen und nur im Einklang mit der Natur SEIN. Einen sinnvollen Neuanfang zu starten.
Normalerweise bleiben diese Gedanken reine Phantasievorstellungen.
Es fehlt einem entweder der Mut einen solchen Schritt zu wagen oder man kann es sich doch nicht vorstellen, seine aufgebaute Existenz zu verlassen oder man gibt sich alleine mit den Träumen hin und ist ansonsten mit seinem Leben aber ganz zufrieden.
Für Christopher McCandless war jedoch das Leben - so wie er es bisher geführt hatte - unerträglich geworden. Das Leben seiner Eltern war aus seiner Sicht eine Heuchelei, die ihn emotional zerstörte. Er begab sich auf die Suche nach der Wahrheit und seinem Ich. Er verbrannte und zerstörte alles, was einen Hinweis auf seine Existenz vermuten liesse und begab sich auf einen "supertramp", der ihn nach zahlreichen Erlebnissen schliesslich bis nach Alaska brachte, wo er schlussendlich qualvoll an giftigen Kartoffelbeeren starb. Gerade in dem Moment, in dem er für sich die Wahrheit entdeckte und zurück in die Zivilisation wollte, um endlich glücklich zu sein. Sein Blatt wendete sich und er musste sterben. Ohne seine Eltern und seine Schwester wiedersehen zu können.
Diese wahre und tragische Geschichte wurde in mehr als beeindruckender Weise von Sean Penn unter dem Titel Into the wild verfilmt und ist seit dem 31.1.2008 in den deutschen Kinos zu sehen.
Christopher, der sich auf seinem Lebensabenteuer Alexander Supertramp nennt, nimmt den Zuschauer mit und lässt es zu, dass man an seinen ergreifenden Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen teilnimmt. Die Verbindung zwischen dem Zuschauer und Christopher, der in unglaublicher Weise von Emile Hirsch gespielt- nein! gelebt - wird, wird mit jeder Minute des Film enger und intensiver. Zum Schluss ist die Beziehung zu ihm so stark, dass man seinen körperlichen Schmerz fast selber spürt und das Gefühl hat zu sterben.
Die Verfilmung des kurzen Lebens von Christopher beeindruckt jedoch nicht nur aufgrund der unglaublichen Geschichte, sondern auch wegen der atemberaubenden Naturaufnahmen. Es wechseln sich grandiose Wüstenbilder mit den Feldern von South Dakota ab. Dann werden phantastische Aufnahmen aus dem Grand Canyon oder der Anza-Borrego desert gezeigt und schlussendlich die endlose Weite mit den Bergen von Alaska.
Ungeschönt und in seiner ganzen Pracht und Hässlichkeit wird die Natur in Nahaufnahmen dargestellt, wie man sie sonst nur von Dokumentarfilmen kennt. Diese fast wissenschaftlichen Aufnahmen werden dann durch Aufnahmen unterbrochen, die eher aufgrund der Schnelligkeit der Bildabfolge an Werbung erinnern. Dieser Wechsel verleiht dem Film trotz der tragischen Geschichte eine ernsthafte Leichtigkeit, die einen animiert über sein eigenes Leben nachzudenken und seine Beziehungen zu seinen Mitmenschen zu überdenken.
Ein äusserst ergreifender Film, der sämtliche Preise, die verliehen werden können, verdient hat.

Into the wild
Regie: Sean Penn
USA 2008

Dienstag, 18. März 2008

Der Araber Ibrahim, der eigentlich Sufi ist und der jüdische Junge Moses, der zum Araber Mohammed wird

Das Buch "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" von Eric-Emmanuel Schmitt ist in einem Satz wie folgt zusammenfassbar: Die Geschichte eines französischen jüdischen Jungen mit dem Namen Moses, der zum Araber Mohammed wurde. That's it. Und widerum doch nicht.
Die Erzählung, die gerade mal 100 Seiten im Grossdruck umfasst, ist kurz, schnell und flüssig geschrieben. Perfekt, wenn man gerade mal nicht die Ruhe oder Zeit hat, dickbändige Romane zu lesen!
Der französischsprachige Schriftsteller Schmitt beschreibt in anrührender Weise das Leben von Moses in Paris, der mit einem stets unzufriedenen und depressiven Vater zusammenlebt und sich daraus einen Spass macht bei dem Araber im Kolonialwarenladen Lebensmittel zu klauen. Durch das gesparte Haushaltsgeld finanziert und gönnt sich Moses, genannt Momo, seine Besuche bei den Damen auf der Strasse.
Der Araber Monsieur Ibrahim, der eigentlich Sufi ist, ist jedoch nicht blöd, sondern bekommt die kläglichen Klauversuche von Moses mit. Statt ihn zur Rechenschaft zu ziehen, nimmt er sich seiner an und wird so allmählich für Moses zum Ersatzvater, bei dem Moses endlich die ersehnte Anerkennung, Liebe und Konstante findet.
Die Beziehung zwischen dem Sufi und dem jüdischen Jungen zeigt auf wunderbare Art, daß eine Freundschaft und sogar eine familiäre Vertrautheit über alle religiösen Grenzen hinaus möglich ist. Es ist egal, welchen kulturellen oder religiösen Hintergrund eine Person hat, denn es kommt immer auf die innere Herzlichkeit, Liebe, Anerkennung und Toleranz an, die man seinen Mitmenschen entgegenbringt.
Das haben Monsieur Ibrahim und Momo erkannt. Der Araber, der eigentlich Sufi ist und der jüdische Junge, der zum Araber wird.

Eric-Emmanuel Schmitt
Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
Titel der 2001 veröffentlichten Originalausgabe: Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran
Aus dem Französischen von Annette und Paul Bäcker
Fischer Taschenbuch Verlag
Frankfurt am Main, 2007

Mittwoch, 12. März 2008

Isabel's Eva bei den Deutschen

Es ist sehr bewundernswert, welche Phantasie Isabel Allende hat und wie sie in der Lage ist, ihre ausgedachten Geschichten in ihren Büchern umzusetzen und niederzuschreiben.
Gerade bei ihren früheren Werken wird besonders deutlich, wie sie ihre eigene Biographie mit ihren Phantasiegeschichten vermixt und verwickelt. Man kann fast anhand ihrer Romane nachvollziehen, in welcher Phase sie sich in ihrem Leben und in welchem Land sie sich gerade befindet.
In dem Roman Eva Luna verarbeitete Isabel Allende wohl die politische Geschichte Chiles und ihre Exilzeit in Venezuela, die von 1975 bis 1984 andauerte und erzählte anhand des in der Geschichte erwachsen werdenden Mädchens Eva Luna von den politischen Wirrnissen eines südamerikanischen Landes. All das, ohne ein einziges Mal das Wort Venezuela oder Chile in dem Buch fallen zu lassen.
Beim Lesen wird jedoch sofort klar, daß das in den Bergen abgelegene deutsche, idyllische Dorf nur Colonia Tovar sein kann. Diese einstmals abgeschiedene und geschlossene Kolonie in Venezuela (ca. 60 km von Caracas entfernt), ist wie auch in dem Buch dargestellt, eine Siedlung ausgewanderter deutscher Familien, die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Neuen Welt ein neues Zuhause suchten.
Dieser Ort ist in dem Roman in seiner Abgeschiedenheit und Gemütlichkeit der zentrale Fluchtpunkt für Eva Luna und Rolf Carlé, die beide auf ihre Art und Weise den Kampf mit dem System und der Ungerechtigkeit in der politisch unwirtlichen Realität und in der Welt der Guerrilleros aufgenommen haben. Schlussendlich finden die zwei verlorenen Seelen in Colonia Tovar zueinander. Oder auch nicht.
Das Buch bewegt sich zwischen einem Jugendroman, einem politischen Abenteuerroman und einer Liebesgeschichte, ohne sich auf irgendein Genre festzulegen.
Aber genau darin liegt ja auch der Reiz und das Faszinierende an Allendes Büchern. Alle, egal, ob Männlein oder Weiblein, alt oder jung....alle werden in ihren Romanen angesprochen und können sich für bestimmte Personen begeistern.
Vielleicht ist Isabel Allende auch deswegen die populärste und erfolgreichste Schriftstellerin geworden.

Isabel Allende
Eva Luna

Titel der spanischen Originalausgabe: Eva Luna,
erschienen 1987 bei Plaza & Janeés, Barcelona

Montag, 10. März 2008

Schokolade vs. Schokolade

Seit der romantische Film Chocolat mit Juliette Binoche und Johnny Depp in den Kinos lief, ist es immer mehr und mehr IN statt einer schnöden Tasse Kaffee oder einem faden Tee eine wärmende und sättigende Schokolade zu trinken. Nicht diejenige, die man aus Kindertagen kennt und die mit viel Milch und dem entsprechenden Kakaopulver eine blasshellbraune Farbe ergab.
Nein, hier ist die Rede von schwarzer dickflüssiger Schokolade, die man fast gar nicht mehr trinken, sondern zum Teil nur noch löffeln kann.

In dem sehr gediegenen Ambiete des Café-Restaurants Fassbender & Rausch - eine Stockwerk über der gleichnamigen Chocolaterie am Gendarmenmarkt in Berlin - wird man freundlicherweise von der - dank grüner Weste, weisser Bluse und roter Krawatte - als Bedienung zu erkennenden und sehr zuvorkommenden Dame darauf aufmerksam gemacht, daß der bestellte "El Cuador pur - Flüssige Plantagenschokolade" in einer Espressotasse serviert wird und aus Edel-Bitter-Schokolade besteht und tiefschwarz und dickflüssig daher kommt.Und tatsächlich, das was dann serviert wurde, sah wie ein kleiner schwarzer Espresso aus, war aber Schokolade und sehr zähflüssig. Man konnte es eher mit dem Löffel lecken als trinken. Dank des dazugestellten Wassers war es jedoch ein einmaliges Geschmackserlebnis. Allerdings war man schon nach einer halben Espressotasse gesättigt und verspürte den unwiderstehlichen Appetit auf etwas Herzhaftes. Ein Döner oder eine Currywurst wären als "Nachspeise" nicht schlecht gewesen. Wie ärgerlich, daß in der näheren Umgebung so etwas nicht zu erwerben war.

Fassbender & Rausch
Charlottenstr. 60
10117 Berlin



Eine gänzlich andere Schokolade wird in dem wunderbaren kleinen La Maison du Chocolat in Potsdam serviert. In einem historischen Haus im Holländischen Viertel in Potsdam gelegen, kommt man in das Schokoladenhaus und fühlt sich gleich in die Kulissen von dem Film Chocolat versetzt.
Man sitzt in einem kleinen sehr gemütlichen Raum, an dem an der einen Wand eine riesige alte Anrichte steht und auf einer anderen Wand ein überdimensionaler Spiegel hängt, unter dem die Gäste auch sitzen können. Es dominieren die Farben rot und braun, so daß man das wohlige Gefühl hat, daß man bei Grossmuttern im Wohnzimmer sitzt. Gerade im Winter ist das ein idealer Ort, um sich zu entspannen und aufzuwärmen.Die bestellte Schokolade wurde hier zwar nicht wie bei Fassbender & Rausch mit einem Glas Wasser serviert, jedoch war dies auch nicht unbedingt notwendig. Die für die Schokolade geschmolzene Kuvertüre war so angenehm verfeinert und verflüssigt, daß man sie tatsächlich annähernd trinken konnte und nicht das Bedürfnis hatte, gleich ein Glas Wasser hinterherzuschütten. Sehr lecker! Und wenn man noch mehr Hunger auf Süsses oder Herzhaftes hat, hilft die gut sortierte Konditorei und die Küche diesem Bedürfnis gerne ab. Bei schummrigem Kerzenlicht kann man daher von der Nachmittagsschokolade gleich zu einem Abendessen französischer Art übergehen. Sehr bequem. Und sehr schön. Insbesondere, wenn sich am späteren Abend nur noch wenige Touristen dorthin verirren.

La Maison du Chocolat
Benkertstraße 20
14467 Potsdam

Sonntag, 9. März 2008

Grub # 3 "Spring Cleaning"

Andere Kulturen, andere Sitten.
Dieser Gedanke kommt einem automatisch, wenn man von zwei Berliner US-Amerikanerinnen zu einer Privatparty eingeladen wird, bei der man niemanden kennt. Auf die Idee, Leute, die man zum Teil über blogs kennengelernt hat, zu einer gemeinsamen Fressparty - genannt GRUB - einzuladen, kommt man wohl nur, wenn man in einem Land bzw. einer Stadt neu ist. Eine absolut phanatastische und bereichernde Idee! Insbesondere, weil sich so die unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt und allen Altersklassen treffen können und einen gemeinsamen Nenner - nämlich das gute Essen - haben.
Zum dritten Mal hat gestern der grub von den Mädels von Berlin Reified und everydayBerlin stattgefunden, zum dem mehr als 30 Personen kamen und jeder zu dem Thema "Spring Cleaning" etwas Selbstproduziertes mitbrachte. Die einen verstanden das Thema als Körperreinigungsprozess und brachten gesunde und reinigende Salate mit, andere verstanden das Thema im ursprünglich angedachten Sinne und verwendeten für das Essen Produkte, die sich im hintersten Teil des Schrankes versteckt hielten und dem Frühlingsputz nun zum Opfer fielen.
Neben leckeren Salaten befanden sich auf dem riesigen Tisch auch leckerer Grünkohl, Spinatteilchen, Frischkäsemix und sündhaft süsse Leckereien. Myexperience4u war mit Kokos cupcakes vertreten, die zum Glück von vielen den Geschmack trafen.
Und die Gastgeberin verführte mit einer Pralinensmischung, die auf einem Löffel serviert wurde und die die Sinne unerwarteterweise mit einer süss-salzigen Kombination überraschte.
Man kann gespannt sein, mit welchem Thema die beiden sehr reizenden Gastgeberinnen beim nächsten Grub aufwarten werden.

Von Weinrallye #9 zur Weinrallye # 10

Wow! Jetzt geht es wieder Schlag auf Schlag!
Nachdem ich mir nach einer guten Portion Selbstreflexion eine noch grössere Portion Lob bei der Zusammenfassung der Weinrallye #9 von Harald Steffens abgeholt habe, kommt schon die Ankündigung der nächsten Weinrallye-Etappe.
Der zehnte Geburtstag der Weinrallye wird von Christoph Raffelt vom blog originalverkorkt ausgerichtet und mit dem Thema


gefeiert.

Die Geburtstagsfeier und damit der Veröffentlichungstermin für die Weinrallye #10 findet

am 10. April 2008

statt. Alle weiteren Infos bekommt man bei originalverkorkt und beim Winzerblog.

Jeff de Bruges

Es gibt nicht viel, was man in Berlin nicht erhält. Fast alle Wünsche können in den zahlreichen kleineren oder grösseren Geschäften aus aller Welt erfüllt werden.
Und dennoch.... hin und wieder stösst man auf Produkte, die man in Berlin oder gar in Deutschland nicht erwerben kann. Das beruhigt einen, weil so der Reiz Neues zu entdecken, nie gestillt wird!
Zuletzt ist dies einem wieder bewusst geworden, als ein kleines Päckchen frisch aus Paris eintraf: gefüllt mit einem delikaten Assortiment an Pralinen!
Attraktiv verpackt in türkisfarbenem Seidenpapier steckte eine braun-türkisfarbene box von Jeff de Bruges. Eine Confiserie, die in Deutschland bisher gänzlich unbekannt war, obwohl sie Filialen weltweit - sogar in Russland, Vietnam, Italien, Australien, Tunesien, Rumänien, Bulgarien, Spanien, Kasachstan, Arabische Emirate etc. - betreibt.
Nur Deutschland ist bisher ein weisses Blatt.
Vermutlich noch.
Jedenfalls sind die Pralinen absolut göttlich. Gerade die 70% Schokoladenpralinen überzeugen mit ihren leckeren Ganaches. Mal ist die Füllung eine Pralinenfüllung (Euro noir), mal eine Minzfüllung (Dandy), mal eine Schokoladenfüllung (Duc) oder dann mal eine "intensive" Ganache (Bruxelles noir). Jedenfalls, egal welche Praline man in den Mund nimmt, es ist ein Vergnügen.
Beim nächsten Trip nach Paris ist ein Besuch der vielen Jeff de Bruges - Filialen hiermit fest eingeplant.
Kalorien hin oder her.

Samstag, 8. März 2008

Weinrallye # 9 Das Schokoei unter den Weinen

1. SELBSTREFLEXION
Die Weinrallye #9 ist wieder mal für ein Lehrstunde und eine gute Portion Selbstreflexion gut.
Denn die Aufgabe zu dem Thema "Alltagsweine", welches vom dem diesmaligen Veranstalter Bildergeschichten aus dem Weingut Steffens-Keß gestellt wurde, hat mich plötzlich vor die Frage gestellt:
Hab' ich einen Alltagswein? Was ist überhaupt ein Alltagswein?
Alle Tage trinke ich keinen Wein, und wenn mal ein Wein auf den Tisch kommen soll, dann soll's was Vernünftiges sein.
Also, was heißt, zum Teufel noch mal, Alltagswein?
Das Wein-Glossar von wein-plus wartet mit einer Definition auf, die kurz und knackig ist:
"Bezeichnung (auch Trinkwein) für einen einfachen aber fehlerlosen Wein ohne besondere Qualität, der in der Regel zum raschen Trinkgenuss bestimmt ist...."
....Fehlerloser Wein: einverstanden!
....zum raschen Trinkgenuss bestimmt: einverstanden!
Aber macht das allein schon einen Alltagswein aus? Meines Erachtens: Nein!
Ich finde, zu einem Alltagswein gehört auch ein wenig mehr Herz, denn der Wein soll ja nicht nur so nebenbei oder statt Wasser die Kehle hinunterfliessen. Der Wein soll jeden einzelnen Tag, an dem man einen Wein trinken möchte, glücklich und zufrieden machen. Und man möchte bei diesem Wein immer sicher sein, dass man die gleiche gute Qualität für nicht allzu viel Geld bekommt.
Für mich ist ein Alltagswein daher ein Wein, der mir als erster einfällt, wenn ich für einen netten Abend eine Flasche suche. Er soll unkompliziert, nicht zu teuer, sauber, leicht zu erwerben und gleichzeitig lecker sein. Fast wie ein Überraschungsei, das ja auch nicht zum Ferrari der Schokoladen gehört und dennoch immer wieder gern gegessen wird.

2. SUCHE UND FINDE DAS WEINEI
Mein persönliches Schokoei unter den Alltagsweinen ist ein Wein von Guigal. Den bekomme ich hier in Berlin leicht, er befindet sich noch in einer erträglichen Preisklasse und ist m.E. immer sauber, lecker und in seiner Unkompliziertheit für jede Gelegenheit ein passender Wein.

Frankreich
Rhone
Guigal
Côtes-du-Rhône
rot 2004
13 % vol.
55 % Syrah, 35 % Mourvèdre, 8 % Grenache und 2 % ein unbekannter Rest

Pro Jahr werden 2.500.000 Flaschen hergestellt. Der Wein ist also ein Massenwein.
Laut Guigal wachsen die Trauben auf Kalk- und Kieselstein, Sediment, Granit, alluvialem und anderem Boden. Und der Wein wird laut Infoseite von Guigal nach traditioneller Methode hergestellt, also wohl nicht nach dem macération carbonique-Verfahren.
These are the facts.
Nun aber zum wichtigsten Punkt....dem Genuss.

3. FARBE, NASE, MUND und RUNTER
Der Wein ist schon beim Eingiessen ins Glas farblich blutrot, fast schwarzrot.
Beim ersten Schnüffeln am Wein strömen einem mit großer Intensität schwarze Johannisbeeren, Sauerkirschen und schwarzer Pfeffer entgegen.
Nachdem der Wein etwas länger geöffnet war, kommt der erste Schluck. Ahh. Der Wein ist am Gaumen tanninreich, rund, samtig und mit einer starken pfeffrigen Note. Die anfängliche Säure verfliegt ganz schnell und weicht einem leckeren Sauerkirscharoma gemixt mit Marzipan.
Der Abgang ist dann lang, lang, lang....soft, soft, soft und die Tannine bleiben harmonisch harmonisch, harmonisch. Die Fruchtigkeit des Weins kommt insbesondere beim Abgang stark zur Geltung.


4. ROT UND DEFTIG
Zum Alltagswein gehört m.E. als Essen was Einfaches und Deftiges. Etwas, was unkomplziert zubereitet werden kann und trotzdem lecker ist und einen zufrieden und glücklich macht. Also ein schönes Abend br o t .
Zum leckeren französischen Sauerteigbaguette gibts daher ganz bodenständig ein Epoisses Coupe, Gabietou, ein Stückchen Mimolette demi-vieille, kleine Grignotons mit Provenzalmantel von Les Sornins - kleine verdammt leckere Salamipralinen -, die aus dem Ardèche stammen, und eine Terrine de Sanglier - also eine Wildschweinpastete-. Zum vitaminreichen Ausgleich kommen dann noch leckere Weintrauben auf den Präsentierteller.
Dann kann das grosse Fressen losgehen.
Das erst Stückchen Brot mit Epoisses kommt in den Mund. Ein Schlückchen Wein und....hmm....not the best match! Die Säure des Weines dominiert zu sehr.
Daher wird dann rasch ein wenig Gabietou mit Brot in den Mund gesteckt:...schon besser! Die Milde des Käses harmoniert gut mit dem Wein, so dass die Säure nicht mehr so dominant ist und die Fruchtigkeit des Wein eher zum Tragen kommt.
Beim Mimolette ist es wieder wie beim Epoisses. Nicht unbedingt die beste Kombination. Zuviel Säure und zuwenig Frucht.
Eindeutig die besten Partner zum Côtes-du-Rhône waren dann die Wildschweinpastete und die raffinierte Salamipraline. Die salzige und pfeffrige Würze der Pastete und der Salami harmonierten traumhaft mit dem Wein und brachten gegenseitig die beste würzige und fruchtige Seite zum Vorschein! Also nix Käse und Wein! Alles Schmarrn!

5. ERGEBNIS DER SELBSTREFLEXION
Einen Wein, den ich gerne immer wieder anbiete und der in seiner Qualität sauber und lecker ist, den habe ich also. Ich habe ergo wohl einen Alltagswein.
Der Begriff Alltagswein ist allerdings aus meiner Sicht ein unglücklich gewählter Begriff.
Denn Wein soll m.E. nicht alltäglich getrunken werden, egal, ob er nun hervorragend und nur mittelmässig ist. Wein sollte m.E. immer etwas besonderes bleiben.
Schlussendlich schon deswegen, um die harte Arbeit der Winzer zu schätzen.
Aber einen Ferrari will man ja auch nicht immer fahren, mal steht einem der Sinn ja auch nach einem kleineren und bescheideneren Volksauto.
So ist es eben auch mit dem Wein: Es muss nicht immer ein Chateau d'Yquem sein...manchmal reicht eben auch ein Côtes-du-Rhône vollkommen aus, um ein Abend genussvoll zu gestalten. Sozusagen das Schokoei unter den Edelpralinen.

Montag, 3. März 2008

In Halle kommt die weltweite Theaterszene zusammen

Weniger als HUNDERT Tage sind es noch bis zu einem kulturellen Ereignis, das die sachsen-anhaltinische und hoffentlich dann auch die internationale Theaterszene in Aufruhr bringen wird:
Vom 19. Juni 2008 bis zum 6. Juli 2008 findet in Halle an der Saale das Theaterfestival Theater der Welt statt. In dieser Zeit wird diese kulturell bedeutende Stadt dann selber zur Kulisse.
An 18 Tagen werden Inszenierungen aus 18 Ländern an 18 Orten in Halle aufgeführt. Unter den verschiedenen Ländern sind auch solche wie Kasachstan, Frankreich, Litauen, Kenia, Belgien, etc. vertreten. Das Festival verspricht daher tatsächlich einen weltweiten Theater-Rundumschlag, der dem Zuschauer auf einen Blick zeigt, was international auf der Bühne gerade en vogue ist.
Am 11. März 2008 startet der deutschlandweite Ticket-Vorverkauf.

Zille's Fotos und Sarah Wieners Bagel

Da soll mal einer sagen, daß die Berliner Kunstbanausen sind!
Der wird definitiv eines besseren gelehrt, wenn er sonntags in die Akademie der Künste geht, um sich die Zille-Ausstellung "Kinder der Straße" anzusehen. Fast eine Stunde musste man sich in einer Menschenschlange gedulden, bis man endlich Eintritt in die vier grossen Ausstellungsräume gewährt bekommen hatte.
Das Warten hatte sich jedoch gelohnt, denn die Ausstellung zum 150. Geburtstag Zilles wartete nicht nur mit den bekannten frechen, erotischen und pornographischen Kohlezeichnungen des einberlinerten Zilles auf, sondern zeigte auch unzählige Fotografien, die entweder Zilles Familie zeigten oder auch das Berlin der Arbeiter und der armen Bevölkerung vor etwa hundert Jahren. Besonders beeindruckend waren die Fotos aus der Umgebung des Mietshauses in der Sophie-Charlotten-Str. 88 in Charlottenburg, in dem Zille mit seiner Familie gewohnt hatte. Was früher das Ende Berlins mit riesigen nahegelegenen Müllflächen und Feldern war, ist heute die Stadtautobahn und das nahegelegene Messegelände mit ICC. Unglaublich wie sich eine Stadt verändern kann!
Der Höhepunkt der Ausstellung ist allerdings die Filmvorführung des Films Mutter Krausens Fahrt ins Glück, der aus dem Jahr 1929 stammt, Zilles Todesjahr. Der Film ist nach Erzählungen von Heinrich Zille geschrieben und von der Prometheus-Film GmbH gedreht worden. Ein unglaublicher Film, der obwohl - oder gerade weil? - er ein Stummfilm ist, die Emotionen und die traurige Geschichte der Mutter Krause (gespielt von Alexandra Schmitt) so glaubwürdig transportiert, daß man bei jeder mimischen Regung von Mutter Krause immer mehr mit ihr mitfühlt und ihr am liebsten helfen möchte....zum Schluss so intensiv, dass man innerlich aufschreit und sie von ihrem letzten grossen Schritt in ihr Glück abhalten möchte.
Wenn man in die Ausstellung geht, sollte man sich daher unbedingt viel Zeit mitnehmen und sich diesen Film anschauen, da dieser 121 min. lang ist. Wer weiss, wann man ihn wieder zu Gesicht bekommt?!

Heinrich Zille

Kinder der Straße
11.1.2008 - 24.3.2008
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin


Derart emotional mitgenommen, geht man dann aus der Ausstellung hinaus und muss sich erst wieder in das Jahr 2008 hineinfinden.
Ein Besuch des Sarah Wiener Cafés in der Akademie der Künste soll einen daher wieder auf den Boden der Tatsachen stellen. Leider erfolgt dies jedoch nicht in ganz befriedigendem Maße. Ob des immensen Gästeansturms bei der Ausstellung sind die drei Damen hinter den grossen Tresen ein wenig überfordert. Wurde etwa nicht damit gerechnet, dass sich einer von zehn Ausstellungsbesuchern bei Sarah Wiener zur Nachmittagszeit stärken möchte?
Etwas unkoordiniert versuchte man den Gästen gerecht zu werden, in dem alle, alles gemacht haben. Es ist auch sehr charmant, dass die Belegung eines Lachsbagels mit frischen Zutaten genau vor den Augen der Kunden erfolgte. Allerdings ist es schon seltsam, wenn parallel zur Belegung des Bagels das Rezept genau studiert wird. Immerhin ist das Café ja nicht erst seit gestern auf.
Aber was soll's.
Der Bagel schmeckte so, wie er schmecken soll.
Die Bedienung war trotz der Behäbigkeit sehr charmant und nett und Zeit hatte man ja am Wochenende eh.

Sarah Wiener
in der Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin

Sonntag, 2. März 2008

Asia meets Mosel

Bis zur nächsten und 9. Weinrallye ist es zwar nicht mehr lange hin, aber bis dahin mit Wein-Essens-Kochexperimenten zu warten, ist für meine Wenigkeit jedoch nicht zumutbar.
Daher gings beim nächsten Spaziergang zielgerichtet in den nächsten Mövenpick-Weinladen in Berlin Mitte. Dort wurde flugs zur Ergänzung des geplanten Kochexperiments der Lieblings-Riesling gekauft:

Mosel-Saar-Ruwer
Weingut Kerpen
Wehlener Sonnenuhr,
Riesling Kabinett, 200
7
Trocken, 11,5 % vol.

Der sollte wohl in jedem Fall gut gekühlt wunderbar zu dem geplanten indischen Garnelencurry passen.
Beim Eingießen in das Glas merkte man erst, wie jung der Wein noch ist, sozusagen gerade aus dem Ei geschlüpft. Die Farbe des Weins war ein zartes, leicht wässriges limonengelb. Kleinste feine Perlen setzten sich am Glas ab.
In der Nase explodierten dann förmlich - trotz der Jugendlichkeit des Weins - die Aromen: Litchi, Limetten, frische Äpfel und ein Hauch von grünen Gummibärchen.
Am Gaumen ist er dann überhaupt nicht mehr säuerlich, sondern verströmt einen harmonischen mineralischen und süsslichlichen mit einem Zitronenaroma gemixten Geschmack. Man könnte auch an eine Pomelo mit einem Hauch Muskatnuss denken.
Im Abgang kommt dann noch mal ein wenig stärkere Säure auf, die an eine Grapefruit erinnert. Es ist genauso, als ob man eine Stückchen Grapefruit ißt und dann der bittere Rest die anfängliche Süsse verdrängt. Ein aufregender und toller Mix zwischen bitter und süss. Fast wie bei einem Cocktail mit einem Tonic oder auch einem Bitter lemon.
Zu dem Garnelencurry aus Goa mit dem auf persische Art zubereiteten Basmatireis auf Berberitzen passte der Wein exorbitant hervorragend. Das hot & spicy Curry benötigte mit seinen asiatischen Gewürzen wie Koriander, Kreuzkümmel und Ingwer einen Gegensatz, dem der gewählte Riesling professionell gerecht wurde. Die Schärfe des Essens wurde durch die fruchtige Säure aufgefangen und gemildert. Und trotz der Würze des Currys verlor der Wein nicht sein fruchtiges Aroma. Allein die Bitterstoffe sind angenehmer und milder geworden, was definitiv für diese Wein-Essen-Kombination spricht.
Es hat sich durch dieses Kochexperiment mal wieder bestätigt, daß Moselrieslinge unschlagbar gut zu asiatischem - sei es nun indischem, chinesischen oder japanischem - Essen passen.
Was für ein Glück, dass noch nicht alle Asiaten auf diesen Trichter gekommen sind.
Ansonsten hätten wir bald das gleiche Problem wie mit der Milch und der Butter: Alles würde teurer, weil anscheinend Asiaten plötzlich einen Heißhunger auf gute europäische Produkte hätten.
Allerdings verdenken könnte man es ihnen bei diesem Wein nicht!