Sonntag, 9. September 2007

Seneca - Non vitae, sed scolae discimus!

Letztens hat mir meine Buchhändlerin als Aufmerksamkeit ein kleines Reclambüchlein geschenkt. Normalerweise sind das so Bücher, die man sich ins Regal stellt oder die man dann schuldbewusst weiterverschenkt.
In diesem Fall verhielt es sich anders. Das Buch "Das Leben ist kurz!" von Seneca (Für diejenigen, die es im Lateinunterricht fragmentweise übersetzen mussten heisst es im Original "De brevitate vitae") interessierte mich plötzlich. Das konnte ich zu Schulzeiten allerdings nicht behaupten. Wahrscheinlich wird man mit dem Alter doch klüger oder wissbegieriger.
Die neue Übersetzung von Marion Giebel ermöglicht es, die 20 kurzen Kapitel Senecas Abhandlung über die Verschwendung der Zeit schnell mal so zwischendurch zu lesen.
Lucius Annaeus Seneca ist wohl im 4 Jh. v. Chr. im spanischen Córdoba geboren. Schon seine Mutter hatte philosophische Neigungen, die sie auf ihren Sohn übertrug. Früh ist Seneca dann nach Rom gekommen, wo er u.a. Unterricht in Rhetorik erhielt.
Obwohl Seneca in seiner Abhandlung (wohl im Jahre 49 n.Chr. erschienen), die er an seinen Schwiegervater Paulinus richtete, das falsche Nutzen der Lebenszeit anprangerte und u.a. den Rednern, Rechtsanwälten und Richtern vorwarf, sich tagtäglich nur unter Beweis stellen zu wollen, ohne Zeit für sich selber zu haben, schlug er selber dennoch den "klassischen Karriereweg" ein, in dem er bei der Quaestur einstieg und schlussendlich Ratgeber und Lehrer von Kaiser Nero wurde.
Die Vorwürfe Senecas scheinen aktuell zu sein wie nie zuvor. Die "rastlose Begierde, Geschäfte zu machen, durch alle Länder, über alle Meere, in der Hoffnung auf Profit", zu reisen, scheint uns im Zeitalter des Meilensammelns und des Booms bzw. Falls der Aktienmärkte nur zu bekannt zu sein.
Ich vermisse allerdings eine conclusio Senecas. Es fehlt ein brauchbarer Hinweis, wie man sein Leben besser nutzen sollte. Denn Seneca sagen auch nicht die in seiner Zeit üblichen Freizeit- und Unterhaltungsangebote oder gar das ehrgeizige und besessene Studieren der Wissenschaften zu.
Was soll man also machen? Seiner Meinung nach nutzt man das Leben am besten, wenn man sich mit der Philosophie beschäftigt.
Leicht ist es allerdings von demjenigen gesagt, der nicht für sein finanzielles Auskommen sorgen musste, sondern sich nach seinem Rückzug aus der Politik auf seinen Landgütern der Philosophie widmen konnte.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Gut und verständlich geschrieben, allerdings wurde Seneca im Jahr 4 v. Chr. geboren.
Kritik an seinen Ansichten gab es schon sehr früh; ich glaube, es ist der Gegensatz zwischen den persönlichen Ansprüchen und der Lebenswirklichkeit, der in Senecas Werk deutlich wird. In der Tat war es für Seneca wohl leichter realisierbar, sich aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen als für viele von uns heute.