Freitag, 28. September 2007

E.T.A. Hoffmann's preussische Weinstube

Der Streit, wo man in Berlin das beste Wiener Schnitzel bekommt, wird wohl in absehbarer Zeit nicht entschieden.
Die einen bevorzugen das etwas versteckter gelegenere und etwas snobby Borchardt, die anderen das besser gelegenere und traditionsreiche Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt.
Mein Vorzug gilt definitiv letzterem Restaurant. Nicht nur der Klassiker "Wiener Schnitzel" mit dem obligatorischen Kartoffelsalat überzeugt mich immer wieder, sondern auch die umfangreiche Anzahl an hochwertigen Weinen. Sitzen kann man sowohl draussen an schönen Tischen mit weisser Tischdecke (in Zeiten von Glas, Plastik und Metall einen angenehme Ausnahme) oder innen entweder im Restaurant selber, in der Weinstube, in der Weinhandlung oder in der E.T.A. Hoffmansstube. Aber egal, wo man sitzt, überall ist man von unzähligen Flaschen Wein umgeben. Nicht umsonst war Lutter & Wegner 1851 zum Hoflieferanten des Prinzen Friedrich Wilhelm ernannt worden. Auch Otto von Bismarck zählte zu den Kunden.
Den aus dem Haus stammenden Lutter & Wegner Sekt kann man heute auch noch trinken.
Das Restaurant war allerdings ursprünglich zwei Strassenecken weiter, in dem heutigen Regent, anssässig. Dies tut dem geschmackvollen Restaurant jedoch keinen Abbruch. Denn die heutige Lage ist ebenso passend wie traditionsreich, da in dem Gebäude E.T.A. Hoffmann lebte, der neben seiner Arbeitszeit im Kammergericht die meiste freie Zeit in der Weinstube von Lutter Wegner verbrachte.

"Seine [d.i. Hoffmanns] Lebensordnung in den letzten sechs Jahren, von 1816 bis 1822, war die. Am Montage und Donnerstage brachte er die Vormittage in den Sitzungen des Kammergerichts, an den andern Tagen, zu Hause, arbeitend, die Nachmittage in der Regel schlafend, im Sommer auch spazierengehend, zu; die Abende und Nächte in dem Weinhause. War er, was häufig, in manchen Perioden täglich, geschah, Mittags oder Abends, oder Mittags und Abends [...], oft Abends in zwei Cirkeln, von sieben bis neun, und von neun bis zwölf, gewesen; so ging er, es mochte so spät seyn, als es wollte, wenn alle andere sich nach Hause begeben, noch in das Weinhaus, um dort den Morgen zu erwarten; früher in seine Wohnung zurückzukehren, war ihm nicht gut möglich.
Man denke hiebei aber nicht etwa an einen gemeinen Trinker, der trinkt und trinkt, aus Wohlgeschmack, bis er lallt und schläft; gerade das Umgekehrte war Hoffmann's Fall. Er trank, um sich zu montiren; dazu gehörte Anfangs, wie er noch kräftig war, weniger; später, natürlich mehr; - aber, war er einmal montirt; wie er es nannte, in exotischer Stimmung, die, oft bei einer halben Flasche Wein, auch nur ein gemüthlicher Zuhörer hervorrufen konnte, so gab es nichts Interessanteres, als das Feuerwerk von Witz und Glut der Fantasie, das er dann unaufhaltsam, oft fünf, sechs Stunden hintereinander, vor der entzückten Umgebung aufsteigen ließ. War aber auch seine Stimmung nicht exaltirt, so war er im Weinhause nie müßig [...];"

Lutter & Wegner
Charlottenstraße 56
10117 Berlin
www.lutter-wegner-gendarmenmarkt.de

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