Sonntag, 1. Juni 2008

Fremdbesetzung der Blumenhalle durch Kunstinvasion

Invasive Kunst okkupiert den Blumengrossmarkt zwischen Checkpoint Charlie, Axel-Springer-Verlag, Jüdischem Museum und der Berlinischen Galerie.
Gestern fing die Fremdbesetzung der riesigen Blumenmarkthalle, in der sonst Blumenhändler ihr schreierisches Wort haben, mit über 70 gegenwartskünstlerischen Einzeldarbietungen an. Die Kunstinvasion geht einen Schritt weiter in die Zukunft und will schon heute zeigen, was 2010/2011, wenn der Blumengrossmarkt in die Beusselstraße zieht, mit der riesigen 6000 qm Halle passieren kann. Eine neue Berliner Kunsthalle à la Londoner White Cube oder das Pariser Palais de Tokyo soll die Berliner Kunstszene dann zieren.
Zwischen Kunst und Realität verwischte sich in der Halle heute jedoch schon alles. Plötzlich ist alles Kunst. Selbst die von der Decken herabhängenden Schilder, auf denen die Namen der Grosshändler verewigt sind oder der Mülleimer, der in der Ecke sein Dasein fristet, erscheinen plötzlich künstlerisch wertvoll.
Erst recht, wenn man in den weiteren Ausstellungstiefen im Keller mit den antiquarischen Kühlschränken und Kellerverschlägen konfrontiert wird. Vereinzelt hört man aus den versteckten düsteren Räumen im Untergrund seltsame Geräusche, die von Videoinstallationen stammen. Dann wieder sammeln sich faszinierte Besucher vor einer Videoinstallation, in der ein Huhn in seine Bestandteile zerlegt wird. Morbider Charme.
Die erstmalige Möglichkeit dieses riesige Grundstück zu erkunden, verleitet die zahlreichen Besucher und Journalisten jede einzelne Ecke des Gebäudes zu erkunden. Wer weiss, vielleicht findet man ja in einem der 60er Jahre Kühlräume noch 'ne Leiche?
Die Blumen sind zum Glück wohl alle gut verstaut und die, die man tagszuvor nicht mehr verkaufen konnte, wurden von den Veranstaltern dekorativ im "Partyteil" der Halle in Szene gesetzt. Zwischen wunderbaren riesigen Sträuchern erstrahlten unzählige traumhafte Rosen und vermittelten einen Sommernachtstraum. Fehlte nur noch, dass Shakespeares Puck oder Oberon aus dem Gebüsch springen.
Und wenn man von den Blumen wieder genug hat, wendet man sich entweder den von der Decke hängenden Bergsteigerinnen zu oder beobachtet, wie bei artboys unter der Regie von 7 Männern, die ein Zwischending zwischen Western, neapolitanischem Kunsthandel und adidas-antifa darstellen, Helfer Farbe an die Decke schiessen.
Eine Invasion mit Folgen.
Noch heute den ganzen Tag, bis ein Polit-Talk zur Berliner Kunsthalle um 18 Uhr die Abschlussglocke der Kunstinvasion läuten wird. Jedenfalls für dieses Wochenende. Vielleicht kommt die Invasion in zwei Jahren wieder. Vielleicht.


Berliner Kunsthalle
Kunstinvasion
Blumengroßmarkt
Friedrichstr. 18 / Lindenstr. 91
10969 Berlin
31. Mai & 1. Juni 2008

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