Man könnte meinen, die Berliner Highsociety und seine internationalen amerikanischen und japanischen Besucher sind kulturell ausgehungert. Jedenfalls hatte man gestern diesen Eindruck beim dem Start ins Gallery weekend.
Insgesamt 34 Gallerien öffneten in diesem Rahmen ihre Türen und mindestens doppelt soviele Galerien haben sich im näheren Umkreis undercover diesem Ereignis angeschlossen.
Scharenweise strömten kunstgierige Menschen in die Gallerien. Zwischen Kochstrasse und Leipziger Strasse blieb zum Teil der Straßenverkehr liegen, da ein Durchkommen kaum möglich war.
Der Höhepunkt des "Gallery weekend" Starts war zweifellos das Opening in der Jablonka Gallerie. Mr. Jablonka lud zur Vernissage der diskutablen Ausstellung Kinbaku der Photos des Ikebana-Künstlers Nobuyoshi Araki.
Der Meister selbst war anwesend, wurde von Bodyguards begleitet und zeichnete fleissig Autogramme in dem verkäuflichen Katalog. Jeder einzelne seiner Schritte wurde von einer Traube Journalisten und Besucher begleitet. Auffällig war, daß sich insbesondere die eleganten und wohlsituierten mit teuren Tüchern, Hermès-Tasche oder auch mal simpler mit Barbour-Jacke ausgestatteten Besucher stark für den kleinen japanischen Gast mit schwarzer und runder Sonnenbrille interessierten.
Wie sich gegenseitig anziehende Moleküle bewegte sich Araki und seine Anhänger im Raum - ein Kunstwerk für sich.
Womit hat er soviel Aufmerksamkeit verdient? In diesem Fall mit 100 kontroversen Schwarz-Weiss-Fotografien aus der Serie Kinbaku. "Kinbaku ist eine traditionelle Kunstform in Japan, die Elemente aus der Kunst der Verpackung und der Kunst des Blumensteckens (Ikebana) miteinander vereint. Araki selbst betont den Unterschied zur westlichen Bondage: „Kinbaku (Knoten mit Schnüren) unterscheiden sich von Bondage. Ich fessele den Körper einer Frau nur deshalb, weil ich ihr Herz nicht fesseln kann. Nur ihre physischen Körperteile können gefesselt werden. Das Fesseln einer Frau wird zu einer Umarmung.“
Soweit die Pressemitteilung. Der Betrachter kann sicherlich auch anderer Meinung sein, insbesondere, wenn sich schwangere Frauen so verknotet zum Teil freiwillig abbilden lassen.
Zugleich verwundert ob der Ausstellung war klar, dass dieses Opening wohl kaum durch die anderen Galerien getoppt werden könnte.
Und doch, insgesamt gab es viele kleine spannende Momente, die festgehalten werden sollten.
In der Galerie Crone wurden in der Ausstellung "Sei gerecht!" großformatige Ölgemälde von Peter Stauss ausgestellt, die - wie das Bild Séance 2008 - einen Preis bis zu 42.500 € erzielen sollen. Auffallend an den Bildern war, die ein buntes Verwirrspiel zwischen Mensch und Tier darstellen, wie farbenfroh sie sind. Hin und wieder blitzte auch mal ein Wappen oder eine Gitarre auf. Insgesamt erweckten die Bilder einen mittelamerikanischen bunten Eindruck.
Die Galerie Tammen präsentierte gleich Kunstwerke mehrerer Künstler.
Sehr romantisch, ohne kitschig zu sein, waren die grossformatigen Bilder von der jungen Künstlerin Kerstin Serz. Thema der Bilder sind oftmals Liebende, Personen, Schwäne und Schmetterlinge. Wunderschön.
In der gleichen Galerie wurden auch spektakuläre Fotografien von Ernst Volland, Maximilian Meisse und Jewgenij Chaldej ausgestellt. Während die beiden ersten Künstler noch leben, ist der Kriegsfotograf Chaldej 1997 verstorben. Der Ukrainer hat an vorderster Front während und nach dem 2. Weltkrieg Aufnahmen von und in Berlin gemacht und von dem dazugehörigen Kriegsgreuel. Dabei suchter er nicht heroische Posen, sondern fotografierte quasi im Vorbeigehen. Wie z.B. die "Nazi-Familie", die auf einer Parkbank in Wien Selbstmord begangen hat. Grausam.
Eine Ausstellung zu Ehren von Jewgenij Chaldej "Der bedeutende Augenblick - Eine Retrospektive" ist vom 9. Mai bis zum 28. Juli 2008 im Martin-Gropius-Bau in Berlin geplant.
Passend zur letzten Volksentscheid wurden auch nostalgische Fotografien des Flughafens Tempelhof ausgestellt. Bald ist dieser Flughafen in dieser Form wohl nur noch Geschichte - festgehalten von dem Fotografen Maximilian Meisse.
Die DAAD-Galerie offerierte mal wieder expressive Installationskunst.
In diesem Fall waren es gestapelte Säcke, auf denen Gras wuchs. Die palästinensische und britische Künstlerin Mona Hatoum, die 1952 in Beirut geboren wurde, stellt mit ihrer Skulptur einen hängenden Garten dar, der sich im Verlauf der Ausstellung permanent verändern wird.
Nebenan in der Galerie Barbara Weiss wurden in Piktogrammsprache, Scherenschnitten und in knallig roten Grafiken die Wandlung und Umstrukturierung der ostdeutschen Produktionsgenossenschaften in das westliche System von Andreas Siekmann dargestellt. Insbesondere die Schnelligkeit, in der die Umwandlung durch die Treuhandanstalt erfolgte, faszinierten Siekmann. Daraus ist die Ausstellung "Verhandlungen unter Zeitdruck" entstanden.
Ebenfalls im gleichen Gebäude gelegen, wird in der Galerie Max Hetzler eine Art Recycling-Kunst von Frank Nitsche ausgestellt. Mehrere Säulen aus Bier-, Coladosen, etc. aufgeschichtet und mit den verrücktesten Aufklebern verziert, sind sie in der Galerie schon wegen der Grelligkeit ein Augenfang. Die Ölbilder an den Wänden erstrahlten dagegen im Gegensatz zu den Säulen in zarten Pastelltönen.
Die Galerie Upstairs Berlin präsentierte zwar keine neue Ausstellung, stellte aber einen Querschnitt der Bilder der Galeriekünstler wie Veronika Veit, Anna Genger, Emma Stibbon, Simon Schubert, Ilias Papailiakis, Christine Schulz und Marisa Favretto, die gerade kürzlich den diesjährigen International Painting Prize der Guasch-Coranty Foundation erhalten hatte, der mit 20.000 € dotiert ist, aus.
ie zum Galleryweekend neueröffnete Galerie Carlier Gebauer in der Markgrafenstr. 67 präsentierte gleich drei Künstler: Marcellvs L., Erik Schmidt und Tomasz Kowalski. Während Marcellvs L. eine Videoinstallation aufstellte, die Menschen zeigen, die in den "Korridoren" des jüdischen Mahnmals am Tiergarten entlanglaufen, präsentierte der Pole Tomasz Kowalski Malerei, die auf verwunschene und märchenhafte Art die Lebenszeitläufe darstellen. Erik Schmidt's Malerei ist dagegen greller und naturverbunden. Immer wieder werden von ihm Weingüter und die Landschaft als Medium dargestellt, wobei er seine Eindrücke, die er 2007 in Ella Valley, einem Weingut zwischen Jerusalem und Tel Aviv, verarbeitete.
In der ebenfalls neu eröffneten Galerie Bourouina in der Charlottenstr. 1-2, wurde eine auf den ersten Blick lustige, auf den zweiten Blick zum Nachdenken bringende Einzelausstellung des Finnen Riiko Sakkinen ausgestellt.
In Comicform betrachtet er u.a. die 68er Slogans und parodiert sie. Dabei schreckt er auch nicht zurück und stellt in Comicform dar, wie man eine Bomba Indendiaria Coctel Molotof herstellt.
All das und vieles mehr bei der
Gallery weekend Berlin 2008
2. - 4.5.2008
Scharenweise strömten kunstgierige Menschen in die Gallerien. Zwischen Kochstrasse und Leipziger Strasse blieb zum Teil der Straßenverkehr liegen, da ein Durchkommen kaum möglich war.
Der Höhepunkt des "Gallery weekend" Starts war zweifellos das Opening in der Jablonka Gallerie. Mr. Jablonka lud zur Vernissage der diskutablen Ausstellung Kinbaku der Photos des Ikebana-Künstlers Nobuyoshi Araki.
Der Meister selbst war anwesend, wurde von Bodyguards begleitet und zeichnete fleissig Autogramme in dem verkäuflichen Katalog. Jeder einzelne seiner Schritte wurde von einer Traube Journalisten und Besucher begleitet. Auffällig war, daß sich insbesondere die eleganten und wohlsituierten mit teuren Tüchern, Hermès-Tasche oder auch mal simpler mit Barbour-Jacke ausgestatteten Besucher stark für den kleinen japanischen Gast mit schwarzer und runder Sonnenbrille interessierten.
Wie sich gegenseitig anziehende Moleküle bewegte sich Araki und seine Anhänger im Raum - ein Kunstwerk für sich.
Womit hat er soviel Aufmerksamkeit verdient? In diesem Fall mit 100 kontroversen Schwarz-Weiss-Fotografien aus der Serie Kinbaku. "Kinbaku ist eine traditionelle Kunstform in Japan, die Elemente aus der Kunst der Verpackung und der Kunst des Blumensteckens (Ikebana) miteinander vereint. Araki selbst betont den Unterschied zur westlichen Bondage: „Kinbaku (Knoten mit Schnüren) unterscheiden sich von Bondage. Ich fessele den Körper einer Frau nur deshalb, weil ich ihr Herz nicht fesseln kann. Nur ihre physischen Körperteile können gefesselt werden. Das Fesseln einer Frau wird zu einer Umarmung.“
Soweit die Pressemitteilung. Der Betrachter kann sicherlich auch anderer Meinung sein, insbesondere, wenn sich schwangere Frauen so verknotet zum Teil freiwillig abbilden lassen.
Zugleich verwundert ob der Ausstellung war klar, dass dieses Opening wohl kaum durch die anderen Galerien getoppt werden könnte.
Und doch, insgesamt gab es viele kleine spannende Momente, die festgehalten werden sollten.
In der Galerie Crone wurden in der Ausstellung "Sei gerecht!" großformatige Ölgemälde von Peter Stauss ausgestellt, die - wie das Bild Séance 2008 - einen Preis bis zu 42.500 € erzielen sollen. Auffallend an den Bildern war, die ein buntes Verwirrspiel zwischen Mensch und Tier darstellen, wie farbenfroh sie sind. Hin und wieder blitzte auch mal ein Wappen oder eine Gitarre auf. Insgesamt erweckten die Bilder einen mittelamerikanischen bunten Eindruck.
Die Galerie Tammen präsentierte gleich Kunstwerke mehrerer Künstler.
Sehr romantisch, ohne kitschig zu sein, waren die grossformatigen Bilder von der jungen Künstlerin Kerstin Serz. Thema der Bilder sind oftmals Liebende, Personen, Schwäne und Schmetterlinge. Wunderschön.
In der gleichen Galerie wurden auch spektakuläre Fotografien von Ernst Volland, Maximilian Meisse und Jewgenij Chaldej ausgestellt. Während die beiden ersten Künstler noch leben, ist der Kriegsfotograf Chaldej 1997 verstorben. Der Ukrainer hat an vorderster Front während und nach dem 2. Weltkrieg Aufnahmen von und in Berlin gemacht und von dem dazugehörigen Kriegsgreuel. Dabei suchter er nicht heroische Posen, sondern fotografierte quasi im Vorbeigehen. Wie z.B. die "Nazi-Familie", die auf einer Parkbank in Wien Selbstmord begangen hat. Grausam.
Eine Ausstellung zu Ehren von Jewgenij Chaldej "Der bedeutende Augenblick - Eine Retrospektive" ist vom 9. Mai bis zum 28. Juli 2008 im Martin-Gropius-Bau in Berlin geplant.
Passend zur letzten Volksentscheid wurden auch nostalgische Fotografien des Flughafens Tempelhof ausgestellt. Bald ist dieser Flughafen in dieser Form wohl nur noch Geschichte - festgehalten von dem Fotografen Maximilian Meisse.
Die DAAD-Galerie offerierte mal wieder expressive Installationskunst.
In diesem Fall waren es gestapelte Säcke, auf denen Gras wuchs. Die palästinensische und britische Künstlerin Mona Hatoum, die 1952 in Beirut geboren wurde, stellt mit ihrer Skulptur einen hängenden Garten dar, der sich im Verlauf der Ausstellung permanent verändern wird.
Nebenan in der Galerie Barbara Weiss wurden in Piktogrammsprache, Scherenschnitten und in knallig roten Grafiken die Wandlung und Umstrukturierung der ostdeutschen Produktionsgenossenschaften in das westliche System von Andreas Siekmann dargestellt. Insbesondere die Schnelligkeit, in der die Umwandlung durch die Treuhandanstalt erfolgte, faszinierten Siekmann. Daraus ist die Ausstellung "Verhandlungen unter Zeitdruck" entstanden.
Ebenfalls im gleichen Gebäude gelegen, wird in der Galerie Max Hetzler eine Art Recycling-Kunst von Frank Nitsche ausgestellt. Mehrere Säulen aus Bier-, Coladosen, etc. aufgeschichtet und mit den verrücktesten Aufklebern verziert, sind sie in der Galerie schon wegen der Grelligkeit ein Augenfang. Die Ölbilder an den Wänden erstrahlten dagegen im Gegensatz zu den Säulen in zarten Pastelltönen.
Die Galerie Upstairs Berlin präsentierte zwar keine neue Ausstellung, stellte aber einen Querschnitt der Bilder der Galeriekünstler wie Veronika Veit, Anna Genger, Emma Stibbon, Simon Schubert, Ilias Papailiakis, Christine Schulz und Marisa Favretto, die gerade kürzlich den diesjährigen International Painting Prize der Guasch-Coranty Foundation erhalten hatte, der mit 20.000 € dotiert ist, aus.
ie zum Galleryweekend neueröffnete Galerie Carlier Gebauer in der Markgrafenstr. 67 präsentierte gleich drei Künstler: Marcellvs L., Erik Schmidt und Tomasz Kowalski. Während Marcellvs L. eine Videoinstallation aufstellte, die Menschen zeigen, die in den "Korridoren" des jüdischen Mahnmals am Tiergarten entlanglaufen, präsentierte der Pole Tomasz Kowalski Malerei, die auf verwunschene und märchenhafte Art die Lebenszeitläufe darstellen. Erik Schmidt's Malerei ist dagegen greller und naturverbunden. Immer wieder werden von ihm Weingüter und die Landschaft als Medium dargestellt, wobei er seine Eindrücke, die er 2007 in Ella Valley, einem Weingut zwischen Jerusalem und Tel Aviv, verarbeitete.
In der ebenfalls neu eröffneten Galerie Bourouina in der Charlottenstr. 1-2, wurde eine auf den ersten Blick lustige, auf den zweiten Blick zum Nachdenken bringende Einzelausstellung des Finnen Riiko Sakkinen ausgestellt.
In Comicform betrachtet er u.a. die 68er Slogans und parodiert sie. Dabei schreckt er auch nicht zurück und stellt in Comicform dar, wie man eine Bomba Indendiaria Coctel Molotof herstellt.
All das und vieles mehr bei der
Gallery weekend Berlin 2008
2. - 4.5.2008
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