Dienstag, 15. Juli 2008

Weinrallye #13 Bordeaux Blends Outside Bordeaux

Mario Scheuermann vom Planet Bordeaux sucht auf dem 13. Stop der Weinrallye weltweit nach Kopien des originalen Bordeauxblends.
Nein, nein! Nicht um die Hersteller bei den ehrenwerten Appellationen anzuzeigen, sondern um zu sehen, wie gut die Blends in anderen Teilen der Welt sind! Und das beste ist, sie sind legal und zum Teil auch günstiger als die Originale. Jedenfalls meine beiden vorzustellenden Weine.
Zwei Weine, ähnlich und doch grundverschieden. Neue Welt und doch zwei Welten. Perfekt anschmiegsam und dennoch zum Essen servierend unterschiedlich passend.
Das sind in simplen Worten die Unterschiede zwischen zwei ausgesuchten Bordeaux-"Plagiaten", die nicht aus dem Bordeaux kommen und dennoch mindestens drei der typischen Bordeauxrebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Merlot, Petit Verdot und Malbec beinhalten und im Barrique ausgebaut worden sind.

I. Die Weine

1. Australien
Langhorne Creek South Australia
Bremerton
Tamblyn
(Cabernet Sauvignon 50%, Shiraz 38%, Malbec 7%, Merlot 5%)
2005, 14,5 % vol.
19 Monate Ausbau in französischem und amerikanischen Barrique

Dieser Wein wurde von dem australischen Weingut Bremerton produziert, welches seit 1985 im Familienbetrieb Weine herstellt.
Neben dem vorliegenden Tamblyn werden noch 16 andere Weine produziert, darunter auch Sekt und Rosé, aber auch Old Adam Shiraz, Reserve Cabernet, B.O.V. Cabernet Shiraz, Selkirk Shiraz, Verdelho, Sauvignon Blanc, Fortified Shiraz, etc.
Das erste Mal gab es den Tamblyn mit 2003er Trauben. Der 2006er Jahrgang ist ebenfalls schon auf dem Markt.
Der vorliegende 2005er ist in jedem Fall schon ausgereift. Verschlossen ist er mit einem normalen Korken.
Von der Farbe ist er mehr schwarzrot bis violett.
In der Nase dominieren beerige und dunkle Aromen. Die erste Assoziation führt die Sinne in eine grosse Schale von reifen Brombeeren und Blaubeeren.
Am Gaumen setzt sich dann das beerige Aroma fort und wird noch ergänzt durch Aromen von Holz, Vanille und pfeffrigen Kräutern. Der Wein umspielt die Zunge sanft und rund, wobei er kaum adstringierend ist.
Der Abgang ist lang und intensiv, wobei weitere Sinnesüberraschungen allerdings ausbleiben. Tragisch ist das allerdings überhaupt nicht.


2. Südafrika
Stellenbosch
Muratie wine estate
Ansela Van de Caab
(Merlot 65%, Cabernet Sauvignon 30%, Cabernet Franc 5%)
2005, 14,71 % vol.
16 Monate Ausbau im französischen Barrique

Das südafrikanische Weingut Muratie ist laut der Firmeninternetpräsenz fast so alt wie das Land Südafrika. 1685 wurde es von dem deutschen Soldaten Lourens Campher gekauft. Er und seine angolanische Sklavin Ansela, die später freigelassen wurde, waren ein Paar das gerade in heutiger Zeit das schwarz-weisse Südafrika treffend repräsentiert. Mit Ansela zusammen hatte Campher drei Kinder. Seit 1987 gehört das Gut Ronnie Melck, dessen Vorfahren von Campher dieses schon einmal erworben hatten.
Zu Ehren der Gründerin wurde der vorliegende Blend Ansela genannt. Der 2002er Jahrgang wurde von John Platter mit stolzen exzellenten vier von fünf Punkten bewertet. Der 2005er dürfte da definitiv nicht schlechter stehen.
Von der Farbe ist er seinem australischen Kollegen zum Verwechseln ähnlich: genauso schwarzrot mit einem Violettstich.
In der Nase ist er dann in der Assoziation heller und erinnert zwar auch extrem stark an Beeren, diesmal aber mehr an Himbeeren.
Am Gaumen ist der erste Schluck nicht ganz so rund und um einiges tanninreicher und dicht gewebt.
Der Abgang ist dann zwar auch langanhaltend, aber ansonsten unspektakulär.


II. Die Speisen

Es ist immer wieder erstaunlich wie sich das Aroma des Weines verändert, wenn zum Schluck Wein noch Essen hinzukommt.
Auch wenn beide Weine vom Charakter her nicht unähnlich waren, so ergänzten sie sich unterschiedlich gut zu den vorbereiteten Speisen.


1. Straußensteak an Rooibos mit Kartöffelchen und frittierten süssen Basilikumbutterkügelchen
Wenn es etwas auf dem südlichen afrikanischen Fleckchen Erde gibt, was phantastisch schmeckt, dann ist es Fleisch in jeglichen Variationen, ob nun vom Kudu, Oryx, Springbok, Strauss oder Rind. Die ersteren Game-Sorten sind schwerlich in Deutschland aufzutreiben. Alleine Fleisch vom Springbok wird in Berlin im Kadewe wohl nur im Herbst verkauft. Fleisch vom Strauss bekommt man zwar mittlerweile das ganze Jahr über auch von brandenburgischen oder polnischen Farmen, aber so gut wie in Südafrika schmeckt das Fleisch leider nicht. Daher nimmt man dankbar - wenngleich mit schlechtem Gewissen ob des verwerflichen CO2-Ausstosses - das Straussensteak, welches einen weiten Weg - zwar nicht aus Südafrika, sondern aus Australien zurückgelegt hat- entgegen.

a. australischer Bremerton
Der Australier harmoniert absolut perfekt mit dem heimatlichen Straussenfleisch. Das saftige Fleisch, welches aufgrund der Rooibos-Würze ein rauchiges Aroma hat, lässt die beerigen Aromen des Weins am Gaumen himmelhochjauchzend jubilieren. Auch die holzigen Töne des Weines kommen verstärkt sehr angenehm zur Geltung. Rundherum ein elegantes und sanftes Paar, das sich nicht die Show stiehlt.

b. südafrikanischer Muratie
Der Südafrikaner ergänzt sich zum Fleisch und den Basilikumbutterkügelchen nicht unbedingt optimal. Das Aroma des asiatischen süssen Basilikums, welches einen Anisgeschmack hat und des Knoblauchs, der in der frittierten Butter enthalten ist, verstärken sich unangenehm zusammen mit dem Schluck Ansela. Das beerige Aroma des Weins flacht dabei leider aber ab. Ein Paar das nicht harmonisch ist, sondern sich selber immer übertrumpfen möchte. Die beiden sollte man daher trennen und in Ruhe lassen.


2. In Serranoschinken gewickelte Pflaumen
Einen einfacheren Appetizer oder Häppchen für Zwischendurch gibt es wohl kaum. Dörrpflaume nehmen, in Schinken wickeln und ab in den Ofen für kurze Zeit. Heraus kommt ein knuspriger Schinken, der mit seiner salzigen Kruste optimal mit der Süsse der Plaume harmoniert.


a. australischer Bremerton
Die eingewickelte Pflaume und der australische Blend ergänzen sich nicht wie erwartet. Eine perfekte Symbiose entsteht nicht. Die Aromen des Weins werden zu stark unterdrückt und das alkoholische Aroma kommt zu stark zur Geltung. Auch die fruchtige Pflaume verschwindet fast und zurück bleibt nur der salzige Geschmack des Schinkens. Eine unglückliche Verwicklung.

b. südafrikanischer Muratie
Das Doppel Pflaume/Wein kann hier schon mehr Punkte erzielen. Die Säure/Frucht/Alkohol-Balance ist am Gaumen um einiges ausgewogener. Die Plaumenfrucht ist verstärkt am Gaumen bemerkbar. Und dennoch ein kleiner südafrikanischer Wermutstropfen: Auch bei diesem Wein wird der Alkohol zusammen mit der Pflaume sensorisch verstärkt. Also ebenfalls kein empfehlenswertes Pärchen.


3. Gigot d'Agneau Persillé
Eigentlich ist die gebackene Lammkeule in Petersilie-Kräuter-Kruste ein französisches Gericht. Aber da es wohl im Bordeaux gegessen wird, kann es ja auch zu Bordeauxwein-Kopien passen.
a. australischer Bremerton
Schon der erste gemeinsame Ausflug des Lamms und des Tropfens Wein in Richtung Gaumen sind ein Versprechen, welches eingehalten wird. Sowohl die Holz-, als auch die Beerennoten kommen voll zum Tragen, ohne dass das arme "Bio-Lamm" darunter zu leiden hat. Optimal ist der Wein rund und unterstützt in angnehmer und eleganter Weise die Kräuterwürzung des Lamms mit den Rosmarinkartöffelchen und den gelben gedünsteten Zucchini. Ahhh...wunderbar!

b. südafrikanischer Muratie
Und schon kommt die Überraschung. Auch der Südafrikaner ist ein hervorragendes Pendant zum Lamm. Nein, sogar eine viel bessere Kombination! Das Paar ist insgesamt viel runder und weicher und hinzu kommen noch unerwartete karamellige Noten des Weins zum Tragen. TOP-Verbindung!!!! Biokräuterlamm bevorzugt den südafrikanischen Tropfen.


4. Burger mit Straussenfleisch, Salat, Ochsenherz-Tomaten und spanischem Baldarankäse aus Kuh- und Schafsmilch
Gerade erst letztens geisterte durch die Presse die Geschichte über die Luxus-Burger, die in New York und London für horrendes Geld verkauft werden. Neben ausgesuchtem Fleisch, wird der Burger noch mit Trüffel und Safran garniert/gewürzt.
Was in New York und London gemacht werden kann, wird wohl auch in der heimischen Küche möglich sein.
Der Burger, belegt mit medium gebratenem Straussensteak, Rucolasalt, Eisbergsalat, Ochsenherztomaten und Baldarankäse ist ein Gericht, das seine Konkurrenten in der Luxusküchenwelt nicht scheuen muss. Ok, Trüffel und Safran wurden nicht verwendet. Fahrlässigerweise wurde beides vergessen. Punkt- und Preisabzug.
Aber dafür ist
das Fleisch unglaublich aromatisch und wird so nicht durch Trüffel- oder Safranaromen überdeckt. Punkt wird wieder hinzugefügt.
Der milde Baldarankäse, der fein gehobelt über dem Fleisch zerschmilzt, ergänzt sich hervorragend und gibt so dem Bürger eine herbe Würze. Grandios.
a. australischer Bremerton
Auch wenn das Fleisch aus Australien stammt, kann sich der Wein nicht mit dem Luxus-Fastfood-Essen anfreunden. Ein unangenehmes Marzipanaroma sticht beim Wein hervor und überschatte so das Aroma des Burgers. Schlicht und ergreifend: der Wein ist sich zu fein und will nicht mit dem Burger genossen werden.

b. südafrikanischer Muratie
Der Südafrikaner ist um einige williger. Die Kombination zwischen Straussen-Burger und Ansela gefällt und hinterlässt am Gaumen einen harmonischen Nachhall. Sehr lecker. Keine unangenehmen Töne, nur leckeres Aroma, sowohl beim Wein als auch beim Burger und gemeinsam.


5. Burger aus gehacktem Rindfleisch, Salat, Ochsenherz-Tomate und spanischem Baldarankäse
Ob die einfachere Variante des Burgers mit gehacktem Rindfleisch ebenso gut oder schlecht zu den Weinen passt?

a. australischer Bremerton
Da der Wein schon zum Luxusburger nicht passte, ist es nicht gerade erstaunlich, dass die Kombination Rinder-Burger und Wein auch nicht die Beste ist. Am besten gleich wieder vergessen.

b. südafrikanischer Muratie
Aber auch der südafrikanische Wein wollte diesmal nicht gern die Kombination mit dem Burger eingehen. Insgesamt unterdrückt er die Frucht des Weins, so dass dieser nur fade den Gaumen benetzt. Das nächste Mal wird zum Burger einfach eine spritzige und eiskalte Coke getrunken.


III. Result
Das Ergebnis erstaunt.
Denn, obwohl beide Weine von unterschiedlichen Kontinenten stammen, und obwohl beide Weine nicht mal dieselben Rebsorten beinhalten, sind sie vom Aroma her sehr ähnlich. Feine Unterschiede sind allerdings in der parallelen Verkostung erkennbar.
Am stärksten treten allerdings die Unterschiede beim Essen hervor. Am kombinationsfreudigsten war der südafrikanische Ansela, der zwar nicht richtig mit den in Schinken gewickelten Plaumen, dem Rinderburger und dem Straussensteak mit Knoblauch- und Basilikumbutter kombiniert werden wollte, aber trotzdem noch zu allen Gerichten irgendwie erträglich war. Vielleicht sollte man demnächst beim Straussensteak einfach die Knoblauch-Basilikum-Mischung vermeiden.
Der australische Tamblyn ergänzte sich nur mit dem Lamm und dem Straussensteak an Rooibos. Mit beiden Gerichten dafür aber unschlagbar gut.
Diese Verkostung zeigt einmal wieder, wie schwer es ist, Wein und Essen optimal zu verbinden. Daher, Hut ab! vor den Sommeliers der Welt, die tagtäglich die richtige Entscheidung treffen müssen, welcher Wein zu welchem Essen passt.
Ein wenig anders gewürzt und schon passt der Wein nicht zum Essen.
Egal, ob es sich nun um einen Luxus-Burger oder eine deftige Lammkeule handelt und ob der Wein aus dem Bordeaux stammt oder aus einem anderen Teil dieser Erde.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

wouah - mal wieder ganz toll - mehr sag ich jetzt gar nicht dazu - mir läuft zu viel Wasser im Mund zusammen!

Und die Schlussfolgerung über die Schwierigkeit und Kunst der "mariage des mets et des vins" kann ich nur voll unterschreiben.