Vinhos Barbeito Verkostung
Kurz bevor es bei uns wieder Richtung Madeira geht, kam passend Ricardo Diogo Vasconcelos de Freitas von Vinhos Barbeito nach Berlin. Die Weingalerie nahm es gleich zum Anlass, und hat eine schöne kleine öffentliche Weinverkostung am 30. Januar 2013 in ihren Räumen mit Ricardo Freitas organisiert. Wir - nichts wie hin ... eine bessere mentale Vorbereitung kann man sich ja nicht vorstellen.
Präsentiert wurden 14 verschiedene Madeira Weine. Sechs gehörten zu den 5jährigen, vier waren 10jährige, ein Signature wine, zwei Colheita und ein Frasqueira.
Delvino Reserva Dry (80% Tinta Negra, 20 % Sercial). Der Wein hat Aromen von Honig, Sirup, Rosenblättern. Er ist sehr ätherisch. Der Wein wirkt voll.
Rainwater Reserva Medium Dry (80% Tinta Negra, 20% Verdelho). Hier gings eher in Richtung Himbeere, auch sehr ätherisch. Im Gegensatz zum Delvino ist der Rainwater strenger und frischer.
Sercial: Dieser Wein wird nicht mehr produziert. Kräftige Aromen von Pekannuss, Karamell, Kaffee.
Verdelho: Auch dieser Wein wird nicht mehr hergestellt. Der Wein erscheint recht leicht mit Aromenen von Schokolade, Nuss, Kaffee, aber auch Beeren sind dabei. Eventuelle auch ein wenig Banane?
Boal: Ricardo Freitas erzählte, dass der Boal und der Malvasia zwar weiter hergestellt werden, aber nur noch in halben Flaschen. Der Boal ist aus unserer Sicht ein wenig zu kurz, allerdings mit einer feinen Süsse. Auch hier sind wieder Nussaromen vertreten.
Malvasia: Der Malvasia sticht extrem mit seinen grünen Noten, der Kräuterigkeit, Johannisbeere und etwas Holz hervor. Ein wenig erinnert der Wein auch an ein leeres Whiskeyglas.
Der Abgang ist rund und leicht brennend, aber toll.
10 years
Sercial: Der Wein ist voll. In der Nase dominieren Honig, Kräuter, Kaffee und ätherische Düfte, ein wenig auch Politur. Am Gaumen ist er schlank und elegant und hat eine schöne Säure, die die 5jährigen noch nicht haben.
Verdelho: Der Verdelho ist blumig und karamellig mit Nussaromen und einer wunderbaren Säure und eher von der Struktur schlanker.
Boal: Dieser Wein hat wiederum extrem Noten von gebackenem Brot, Karamell, Birne, Holz, Pflaumen. Er hat eine schöne Säure und ist im Abgang feurig.
Malvasia: Der "süsseste" Wein ist extrem medizinisch kräuterig mit einem Hauch von noch grüner Banane und Holz.
Am Gaumen hat er eine gute Balance, Säure und dunkle, volle Süsse. Er wirkt fast honigartig ölig und voll. Sehr schön.
Signature Wine
VB Reserva Lote 3
Verkostet wurde die Flasche Nr. 1824 von insgesamt 2478 Flaschen, die von diesem Wein existieren. Der Wein ist ein Cuvée aus Verdelho und Boal von verschieden Weinbergen. Verdelho ist aus der Region um São Vicente und der Boal kommt aus der Gegend um Prazeres.
Die Nase ist nicht extrem intensiv. Der Wein hat rauchige Noten mit Karamell vermischt. Am Gaumen wirkt er schlank und elegant.
Colheita
1997 Boal
Auch hier haben wir die Flasche Nr. 0184 von insgesamt 1198 verkostet. Top! Er hat beerige und leicht ätherische Aromen und riecht auch wieder ein wenig nach frischem Brot. Er ist wieder sehr schlank und elegant im Abgang.
2000 Malvasia
Von dem Malvasia gibt es insgesamt 1116 Flaschen. Nach Berlin hat die Flasche Nr. 1050 ihren Weg gefunden.
Von der Nase sticht wieder die extreme Kräuterigkeit hervor gemixt mit Orangenzesten. Der Abgang ist sehr rund und angenehm.
Vintage/Frasqueira
1988 Sercial
Der älteste, der präsentierten Weine bietet in der Nase Aromen von Kräutern, Kaffee, Politur und Nuss. Der Sercial ist sehr schlank mit einer tollen Säure. Klasse Stoff!
Es ist faszinierend, wie intensiv und wie unterschiedlich gleichzeitig die Weine sind. Am auffälligsten ist, daß der Malvasia eine prägnante Kräutrigkeit und "Grünheit" in der Nase hatte, egal ob er nun 5, 10 oder ein Jahrgangswein ist.
Madeira Menü
Die kleine Verkostung hat uns gut auf den folgenden Abend vorbereitet.
Das Restaurant selber war sehr dunkel, aber elegant eingerichtet. Die Stühle sind allerdings nicht die bequemsten. Der Tisch war schön gedeckt. Damit es am Anfang nicht zu langweilig wird, gab's frische kleine Brötchen aus dem Beutelchen, Oliven und eine Schaumpaste, die ich nicht identifizieren konnte.
Da waren dann die folgenden Gänge spannender.
Der erste offizielle Gang war eine Gänseleberterrine mit geräuchertem Müritz-Aal, zu dem ein 5 Jahre alter Boal und ein 10 Jahre alter Boal eingegossen wurden. Ricardo Freitas war selber sehr gespannt, was ein Koch in Berlin zu seinen Weinen zaubert. Man kann sagen, dass die Kombinationen fast immer top waren.
Zu der Gänseleber und dem Aal passte aus unserer Sicht der 10 Jahre alte Boal besser als der jüngere, da er rauchigere Aromen hatte. Der 5 Jahre war einfach ein wenig zu kräftig.
Gekocht wurde die Suppe wohl mit einfacherem Madeirawein. Zu der Suppe passte der Delvino besser als der Rainwater. Delvino wirkte aus unserer Sicht präziser und verstärkte noch die Aromen. Rainwater schmeckte eher zu süss und überdeckte die Aromen der Suppe.
Zu einer Mousse und Eis von Kaffee und Schokolade wurde ein 10 Jahre alter Malvasia und ein Malvasia aus dem Jahr 2000 gereicht. Zur Mousse hat uns der zehnjährige etwas besser gefallen, zum Eis eher der 2000er. Beim Eis waren wir uns aber nicht einig, sondern wechselten die Meinung jeweils mit jedem Löffelchen. Wunderbar. So hätte es den ganzen Abend weitergehen können.
Der Koch eröffnete uns, dass es für ihn die größte Herausforderung war, einen passenden Gang zu einem Dessert zu fabrizieren. Es ist ihm wunderbar gelungen.
Der Boal 1997 ist ein Single Cask und kommt von einem Weinberg. Der Boal 1982 wurde von Ricardo Freitas nochmal "überarbeitet". Er hatte ihm Anfangs nicht gut gefallen. Er wollte eine höhere Säure erhalten und hat den Wein, der zuerst in Demijohns war, in Fässer gefüllt und ganz nach oben unter das Dach gestellt. Dort verdunsteten dann rund 8 % Wein pro Jahr! Dadurch hat der Wein eine schöne Säure erhalten. Kaffee, Röstaromen, Bittertöne und eine verhaltene Süße prägen den Wein.
Ricardo Freitas hat noch eine besondere Flasche zu Hause abgefüllt für diesen Abend: einen Verdelho aus dem Jahr 1885! Der Wein hatte eine wunderschöne Bernsteinfarbe. In der Nase war er allerdings fast scharf. Als erstes stachen einem ätherische Gerüche und fast sowas wie Aceton entgegen. Dann dominierten aber noch weitere Aromen wie Honig, Nuss, Tabak, Teer, Kaffee und Walnuss.
Der Wein ist überraschend elegant und sehr fein und war ein voller Genuss. Gerne hätte ich noch einen oder anderen Schluck mehr davon getrunken.
Insgesamt war der Abend wunderbar. Ich kann nur jedem empfehlen, sich dem Thema "Madeira Wein" zu widmen. Dieser Wein kann viel mehr, als nur als Dessertwein zu Schokolade gereicht zu werden. Es ist ein äusserst vielfältiger Wein, dem man aber seine Aufmerksamkeit widmen muss. Nichtbeachtung straft er mit Plumpheit und vielleicht auch einfacher Süsse ab.
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