Pünktlich zu den Weihnachtsfeiertagen und dem Neujahrsfest gab es in Wien im Rahmen der Label Grand Karakterre 5 ein spannendes Zusammentreffen des Champagnerwinzers Benoît Tarlant und des berlinerisch-schwäbisch-ungarischen Winzers und Anwalts Horst Hummel.
Bei einer privaten Verkostung im kleinsten Kreis zeigte Horst Hummel nicht nur, dass er grandiose ungarische Weine entstehen lässt, sondern auch ein exzellenter und passionierter Koch ist, zu dessen Gerichten nicht nur seine eigenen Weine schmecken. Allerdings war der Abend nichts für Vegetarier bzw. Veganer.
1. Ungarische Gänseleber
Zum ersten Gang, der vielleicht nicht ethisch korrekt ist, aber umso delikater schmeckte, gab es Horst Hummels Glückseligkeit aus dem Jahre 2013 und Tarlants Champagner Brut Zero.
Die zarte von Horst selbst gezauberte Gänseleber mit karamellisierter Birne und Hardenponts Winterbutterbirnengelee zerschmolz am Gaumen. So konträr die beiden Weine von Natur aus sind, so wunderbar passten sie zur Vorspeise.
Hummel betörte mit "Lindenblüten und Honig sowie Fülle und Schmelz am Gaumen, befeuert von lebendiger Säure, erfüllt von mannigfaltiger reifer Frucht, getragen von feiner Mineralität. Ein Wein für die Ewigkeit. Reine, flüssige Glückseligkeit." Mit dem ersten Wein haben wir schon Horst Hummels dritte Stufe der Grundbefindlichkeiten schon erreicht: Verzweiflung, Gelassenheit und Glückseligkeit.
Der Champagner umspielte elegant die Nase ebenfalls mit Zitrusaromen und Honig. So gleich und doch so unterschiedlich. Ein Topstart in einen sehr unterhaltsamen und spannenden Abend!
2. Maultaschensüppchen
Bei diesem zweiten Gang war die schwäbische Herkunft von Horst federführend.
Was könnte zu Tarlants La Matinale Prestige Millesime 2003 und dem Bernstein 2015 von Horst Hummel besser passen als schwäbische Maultaschen?
Die bodenständige und doch raffinierte Maultasche und der exklusive rare Jahrgangschampagner eines heissen Jahres 2003 haben eine wunderbare Symbiose ergeben. Das ist ja auch nicht kompliziert. Champagner passt meiner Meinung immer und zu jedem Essen! Die Dominanz vom Pinot Noir neben Chardonnay und Pinot Meunier machen diesen Champagner für mich zu einem exzellenten weinigen und runden Champagner, der immer und zu allem getrunken werden kann.
Der goldfarbene Bernstein aus der Hárslevelü Traube, der allerdings keine Bläschen hat, sondern still und bescheiden golden vor sich hin glänzt, hat auch keine Probleme neben einer schwäbischen Maultasche zu bestehen. "Warme, fruchtige Nase von Honig, Vanille, Blüten. Weiche cremige Ansprache am Gaumen. Ansprechende Balance aus Fülle, Cremigkeit, Frucht, Frische und Mineralität. Lebhafte Harmonie." Was sich sich so einlullend gemütlich anhört, ist ein wunderbarer Wein, der meiner Meinung nach nicht zu kalt getrunken werden darf.
3. Ochsenmaulsalat a la Horst
Wer bei Horst Hummel schon mal essen durfte, weiss wovon ich rede. Es gibt wohl kaum ein Gericht, dass so sehr die Küche von Horst Hummel beeinflusst hat, wie der schwäbische Ochsenmaulsalat. Man könnte auch von Hummels signature dish sprechen. Seine Variante ist allerdings wenig klassisch, sondern tänzelt leicht asiatisch daher und ist ein wunderbares aufmunterndes Zwischengericht. Es lebe der Ochsenmaulsalat!
Dazu gab es einen Champagner Rosé Zero von Tarlant und einen Orangewein namens Góré 2015, der spontan vergoren, und unfiltriert überraschte. Nach Horst Hummel hat Góré zwei Bedeutungen: einmal "Maisspeicher" und "Boss". Jetzt kann man sich selber aussuchen, möchte man lieber einen bodenständigeren ehrlichen Maisspeicher trinken oder sich doch lieber mit dem Wein als Boss aufspielen.
Das ist kein Hummelwein wie ich ihn kenne. Mit seinen Orangeweinen betritt Horst Hummel ganz erfolgreich neues Terrain. Es gibt nicht viele Orangeweine, die mir schmecken, aber der gehört dazu. Auch dieser Wein sollte nicht zu kalt getrunken werden, da er sonst an Aromatik verliert.
4. Coq au vin
Der nächste Gang war ein Tribut an Benoît Tarlant. Es gab einen französisches Coq au vin bereitet mit deutschem Rotwein. Ein bodenständiges winterliches Gericht, das zu dem gravitätischen und vollen Cuvee Louis aus dem Hause Tarlant ganz hervorragend passte. Die Aromatik von Trockenfrüchten des reifen, komplexen aber nicht komplizierten Champagners passte ganz ausgezeichnet zu dem Coq au vin.
Aus der Trilogie der Grundbefindlichkeiten, die Horst kreiert hatte, präsentierte er dazu ein wenig Gelassenheit aus dem Jahr 2012. "Opulenter Duft, der Reife und Wärme verströmt. Samtig ergießt er sich in den Gaumen, den er mit reifen, kernigen Tanninen verwöhnt. Eingekleidet in feine Stoffigkeit führt er uns durch edel ausgekleidete Räumlichkeit in einen unendlich anmutenden wohligen Abgang. Gelassenheit im Samt und Seide." Das sind Worte, die weniger an Wein, denn vielleicht an richtig guten Sex erinnern.
4. Verzweiflung
Das Dessert - eine frische Zitronentarte - gab es zwischen den Weinen, um nach dem Coq au vin wieder die Lebensgeister zu wecken. Keiner der vorhandenen Weine konnte einer Tarte au citron gerecht werden.
Um jedoch den vinophilen Abend nicht nüchtern beenden zu müssen, kredenzte Horst Hummel noch die letzte seiner drei Grundbefindlichkeiten: die Verzweiflung in Form eines in eine Flasche abgefüllten Merlots aus dem Jahre 2009.
Mehr muss man nicht sagen.
Der Abend war ein harmonischer runder Abend wie er sein soll. Es wurde viel geredet, sinniert, geschmeckt. Mal aus dem einen, mal aus dem anderen Glas. Zwei Winzer wie sie unterschiedlicher nicht sein können, haben in Wien einander entdeckt.